WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

_____________________________________________

Dienstag, 20. November 2007

Kloß auf fahrbarem Schreibtischstuhl

Ich bin ja ein Freund der kurzen, knackigen Theorie - sie muss nicht 100%ig richtig sein, aber man sollte nach Lektüre zumindest das Köpfchen neigen und dem Nachdenken ein Chance´chen geben.
Also: wir (Menschen) sind dabei, einen Großteil dessen, was unser bisheriges Überleben gegenüber Sauriern und anderen, etwas stark einseitig spezialisierten Arten ausgemacht hat, aufzugeben.
Was können / konnten wir besonders gut?
  • wegrennen (der musculus rectus femoris ist unser schwerster)
  • kräftig futtern (musculus masseter=unser stärkster)
  • uns orientieren in der Savanne

Interessiert uns das heute noch? Nein-wir sind ja flexibel.

Unsere Affinität zu wabbeligem, jeglicher Form und Knackigkeit abholdem fast-food bleibt ungebrochen groß: was waren das für Zeiten, als man dem noch zappelnden Adler life den Flügel abgebissen und ihn kräftig mahlend zermalmt hat...das, was uns als "chicken wings" verkauft wird, könnte man auch als Zahnloser oder Bebiffpräger flucken - eine panierte Pampe mit künstlichem Hühnerhofgeschmack.

Bis auf die zunehmende Zahl der vor der Welt und dem drohenden Schmerbauch davonlaufenden Marathoni bewegen wir uns kaum mehr: zu Savannenzeiten durften es pro Tag gern 10-20 km sein, heute reichen dem Bürofuzzi locker 400 bis 800 m täglichen Gewaltmarsches.

Und Loriot schlägt die Brücke zu unserer 3.Ex-Qualität: " Ja, wo laufen sie denn?? Wo laufen sie denn hin??!"

Ja, sie wissen es nicht mehr. Himmelsrichtungen, grobe Richtungen, Orientierung in der Welt? Pustekuchen.

So tasten sie sich blind in den Keller großer Einkaufszentren, um dort kleine viereckige Kästchen zu kaufen, die mit Saugnäpfen in Armaturenbrettnähe angebracht werden um ihnen dort blinkend oder mit sanfter Frauenstimme einzuflüstern, wohin sie ihr töff-töff servogelenkt steuern sollen( n o c h fahren wir ja nicht nur virtuell).

Tatsächlich hat die Firma tomtom (schon der kinderlallensgleiche Name legt richtigerweise nahe, dass es sich hierbei um einen der Vorreiter unserer orientierungstechnischen Verblödung handelt) 2.900 000 000 (in Worten: 2,9 Milliarden) € gezahlt, um sich das Kartenmaterial der Firma teleatlas unter den Nagel zu reissen. An der nächstgrößeren Kartenfirma (navteq) ist Nokia mit demselben Verblödungsinteresse dran.

Was mir völlig rätselhaft bleibt: was um Himmels willen machen wir mit der Kapazität der ganzen frei werdenden Hirnregionen, die früher Speicherplatz unserer Kenntnisse waren? Sieht man nur noch Geistesheroen herumspazieren? Sind die Stellungnahmen (für den Ostbürger: Stellungsnahmen) der sich zu öffentlicher Rede berufen Fühlenden profunder geworden, alle dümmlichen Fernsehsendungen verschwunden, die Bildzeitung zu Klopapier umgearbeitet?

So schön es wäre: es ist nicht so. Irgendwas stimmt da nicht.

Samstag, 10. November 2007

Äbbelwoi für alle!

Die große Mutter Stadt will es uns schöner machen - das ist ja sehr löblich. Konkret sollen es die Teilstrecken der Radler-Nord-Süd-Autobahn Apfel-, und Halbmondstrasse sein, die unter die gütigen Fittiche der Stadtplaner genommen werden sollen. Wer sich hat informieren wollten (secure.erlangen.de) war dann doch etwas enttäuscht über die Hasenfüßigkeit der Planungsabsichten, die kurz unter dem Gesichtspunkt"Stirb schöner!" zusammengefasst wären: die ihre Häuser verlassenden Bewohner oder Gäste werden durch Wegfall der schützenden Bürgersteige endgültig zum Abschuss freigegeben, kommen aber schöner zu Fall, indem sie dann auf den ach so schönen ockerfarbenen Betonsteinen zu liegen kommen.
Wer zu recht gemeint hätte, dies könne doch wohl nicht alles sein, was man da für 330.000,- € zustande brächte, ließ nach einer Anhörung der Anwohner am 08.11.2007 im Quartiersbüro jede Hoffnung fahren und war glücklich zu hoffen, dass wenigstens jenes gesicherte städtische Mäuschen Ergebnis des Kreißens würde: was sich dort austobte, war eine unglaubliche Mischung aus Egoismus, St.Floriansprinzip und Dreistigkeit: wie bei Hyänen am gerissenen Schaf schien einziges Prinzip zu sein, sich ein möglichst großes und billiges Stück des räudigen Fleisches in den Rachen stopfen zu können.
Der Vertreter der Universität hatte die einzige Sorge, dass während der Bauarbeiten das Schloß jederzeit anfahrbar bleiben "müßte" und dass die Uni jedenfalls aber kein Geld habe (merke, oh Teil des öffentlich-rechtlichen Lebens: städtische Beiträge werden nach dem Kommunalabgabengesetz oder dem Baugesetzbuch und entsprechenden städtischen Satzungen erhoben, denen auch die Voraussetzungen zu entnehmen sind - Ihre Meinung ist da ehr von geringem Belang), die Geschäfte halten es für unabdingbar, jederzeit ihr Auto direkt vor der Nase parken haben zu "müssen", ein gehbehinderter Herr drängte auf den Fortbestand des Behindertenparkplatzes direkt vor seiner Tür (verschwieg aber dabei, dass er diesen auch jetzt schon nicht nutzt, dass er ferner so gut zu Fuß ist, dass er täglich des öfteren seinen Hund spazieren führt und deshalb bestens im Stande wäre, den etwa 40 m entfernt liegenden Behindertenplatz in der Wasserturmstrasse zu benutzen).
Ja-nicht ein einziger Vorschlag auch nur eines Beteiligten, was man selbst zur Verschönerung beitragen wolle, nicht ein Hauch von Gemeinsinn war zu erkennen. Wer dieses Wort noch nie gehört hat:
"Das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit einer größeren Gruppe, [...] und das hieraus entspringende, tatbereite Verständnis für die sittliche Verpflichtung, auf das Wohl dieser Gruppe Rücksicht zu nehmen, ja dafür, wenn nötig, Opfer zu bringen."
Brockhaus 1969, 17.Band
Die Apfelstrasse krankt an ihrer Häßlichkeit und ihrer Verkehrsbelastung - wer sie je berast hat, hatte nur einen Gedanken: "bloß schnell durch" ! Es gibt nichts fürs Auge: kein Fenster mit Blumen (hier, Ihr Hauseigentümer könnten Ihr schon mal beginnen!), kein bißchen Grün, asoziale Hauseigentümer(der der Nr.7 kassiert zwar monatlich Unsummen von der Nordsee, investiert aber keinen Cent ins Gebäude, der der Nr. 4-Atelier Knapp-lässt das Haus langsam verfallen), keine Läden, Cafés oder sonstige Inseln, die zur Betrachtung, zu Innehalten, Stille, Genuß, Entschleunigung einladen - d i e s tut man erst dann, wenn man es unfallfrei bis in die Schiffstrasse geschafft hat. Hierzu hätte man sich doch von der Stadt etwas mehr erwartet: wieso hat man keinerlei Ruhemöglichkeiten (z.B.Bänke mit Grün, wie z.B. in der Kirchenstr.) eingeplant? Wieso die gerade Autobahn nicht etwas "verslalomen": wer sieht, dass er nicht rasen kann, wird es auch nicht tun und wer langsam ist, hält auch ehr inne (wenn ihm hierzu Möglichkeiten geboten würden) - vielleicht wäre man bei "lo studente" - einem kleinen bunten Lichtblick- so nett und würde dem Rastenden einen espresso bringen? Wieso lässt man dort oder/und beim Römming die Apfelstrasse nicht bestuhlen?
Nein - das bisherige sollte nicht schon alles gewesen sein, ein winziges bißchen mehr Mut und Kreativität wäre schon angesagt.

Dienstag, 6. November 2007

Coffein-Shop

Wohl dem, der des morgens tranig unter der Dusche stehen und ohne die Augen zu öffnen nur zwischen 2 Griffoptionen wählen muß. "Flutschig"= Seife=künftige Gesamtkörpersauberkeit. "Fest"= Shampoo (früher: Haarwaschmittel)=weg mit Läusen und Schuppenarmee.
Diesem Glücklichen bleibt eines der schrecklichsten Einkaufsprogramme der kapitalistischen Warenwelt erspart - wer sich in den Drogeriemarkt Müller traut, kann auf etwa 16 m Regallänge wählen, ob er sich als Fetthaarkandidat oder Kleinlasterfahrer eingruppieren will. Wer hierzu nicht in der Lage ist, sollte von von vorneherein die Finger von Drogeriemärkten lassen (erst recht, wenn an der Stelle des früheren k&l Ruppert dann etwa 50 Regalmeter Shampoo aufs durchfilzen warten).
Wer es dennoch tut, sollte zumindest eine goldene Sparkassen-Card und eine Machete dabei haben.Wie man sinnvollerweise herangeht, hätte ich gerne als kleiner Robin Hood des Verbraucherwesens erklärt - ich bin aber selbst großflächig gescheitert. Eine die Verwirrung schon weitgehend ausschliessende Vorauswahl kann man treffen, wenn man sich auf Packungen beschränkt, auf denen nur "Shampoo" steht. Dann erspart man sich Dinge wie "natural beauty shampoo" (von Garnier für den ehr hässlichen Kandidaten), "Aufbau-Shampoo" (für Kibbuz-Bewohner), "Aufbau-Spülung", "Balsam-Spülung" und -für den Halter des ramponierten Kleinlasters- das "Reparierende Aufbau-Shampoo". Stöhn.
Ein Blick auf die Produkte der Firma Alpecin zerstört leider eine weitere bisher gut installierte Gewißheit. Shampoo kann es offenbar auch in Stangen o.ä. geben (dafür die Machete), denn was anderes soll Hintergrund sein können, wenn ein Shamopoo n u r den Namen "Liquid" trägt?Jedenfalls stärkt es die Haarwurzel und beugt Haarausfall vor (Ich hatte schon i m m e r unter zu schwacher Haarwurzel gelitten) Wie man die Packung entfernt, weiss ich leider auch nicht.
Auch wer durch übertriebenen Waschzwang Kopf und Schultern weggerubbelt hat, braucht heute nicht mehr zum plastischen Chirurgen: Procter & Gamble stellt ihm/ihr zu Repairzwecken "Head & Shoulders" zur Verfügung.
Auch der Yuppie, der sich eigentlich gar nicht oder wenn, dann am PC pflegen will, wird pädagogisch in die richtige Reihenfolge gezwungen: erst "wash and [t h a n] Go" ist sein Ding.
Wer meint, mit einsfuffich inner Börse wäre man dabei, der irrt schon wieder: nach unten, indem er merken wird, dass man tatsächlich die handelsübliche Menge für o,65 € (Cadavera, Müller-Eigenmarke) bekommen oder aber einen halben Monatslohn ausgeben kann, wenn man unbedingt Weleda-Rosmarin(oder Kastanien-)-Shampoo haben muß. Hierbei ist man bei Müller den besonders teuren Kandidaten entgegengekommen, indem man die eigentlich zur Aufklärung des rechenunkundigen Verbrauchers dienende Preisangabe pro Liter runtergebeamt hat auf "pro Milliliter" - da sieht es erträglicher aus. Nimmt man es mal 1000, kostet eben Weleda 46,50 €/l , Cadavera aber nur 2,75 €/l.
Auch der eben dem Schlamm entstiegene Einzeller findet was für seine Haarzelle: das "Murnauer Totes-Meer-Shampoo" (für gerade mal 2, 75 €/Packung, entspricht 9, 17 €/l): es beinhaltet "Urschlamm aus dem Toten Meer" (wie kommt das tote Meer nach Murnau?) - aus 400 m Tiefe. Diese Tiefe hat man offenbar flaschengeistartig mit eingetütelt, denn die Packung fordert uns unmißverständlich auf: GUT SCHÜTTELN !
Wem diese nette Vielfalt noch nicht bunt genug war, könnte sich noch mit dem Stichwort Farbe beschäftigen - ich habe bei Regalmeter 14 aufgegeben: ob also ein in der Rubrik "Shampoo" stehendes Etwas, das "Farbreflexshampoo Brombeere und Henna" (Garnier) nun färbt oder nur für das fettige Getrüpp dienen soll, das schon v o r h e r brombeerfarben war - ich weiß es nicht.
Wem es bis hier immer noch nicht aufregend war, der möge sich eines der vielen Coffein-Shampos kaufen, das scheint das Neueste zu sein.