Die Wucherungen unserer Städte sind ehr Geschwüre
als Wohngebiete.Ungesund, deformiert, deformierend.Vorbei die Zeiten, als sich
Bürger ihre Häuser noch selbst bauten und dabei ein Empfinden für das
gemeinsame Ganze hatten – also einem Zustand, den Alexander Mitscherlich („Die
Unwirtlichkeit unsere Städte“, Suhrkamp 1972) so charakterisiert:
„Der Stadtbürger großer
Tradition fand seine Identität durch den Zwang, Verbindendes und Verbindliches,
also den Kanon vom Kollektiv zugelassener Selbstdarstellungen einhalten und
variieren zu müssen. Dabei durfte er nicht aus der Ästhetik der Gruppe fallen.“
a.a.O. S.35
Solches lässt sich an allen gut 100 Jahre alten
Ensembles (zB Erlangen, Lorlebergplatz) beobachten: Das Ganze wirkt als Einheit,
dennoch ist jedes Haus anders, glänzt durch kleine, individuelle Variationen im
vorgegebenen Rahmen.
Inzwischen gibt es weder mehr den innerstädtischen
Bauherrn mit Gemeinsinn noch überhaupt
den Privaten als Bauherrn. Überteuerter (weil nicht rechtzeitig enteigneter!)
Grund und Boden wird von asozialen, ahnungslosen Gelddruckgesellschaften alias
„Bauträger“ zum Nachteil aller mit schuhschachtelförmigen Kästchen
zugekleistert. Hauptsache, genug Geld rausgepresst.
„Das
Einfamilienhaus, ein Vorbote des Unheils, den man immer weiter draußen in der
Landschaft antrifft, ist der Inbegriff städtischer Verantwortungslosigkeit und
der Manifestation des privaten Egoismus.“
a.a.O.,
S. 36
Krasses Beispiel für völliges innerstädtisches
Planungsversagen ist die „Siedlung“, die in Erlangen so eine Art Blinddarm
von Siemens ist. Konzipiert (schon das
zu viel der Ehre!) für Siemensler, die (noch) genug Geld haben. Dabei hat man
sich offenbar nichts, aber auch gar
nichts gedacht: Eine völlige Ver-Parzellierung der zu Verfügung stehenden
Flächen, jedem sein winziges Schächtelchen. Wie Kinder miteinander Fangerles
spielen, Sandburgen bauen, Indianer und Cowboy sein sollen und wo: Pustekuchen.
PC und Playstation reichen.
„Mami – was ist eine ´Amsel` ?“
Wie sie auch beizeiten ein Gefühl für soziales
Verhalten spielerisch einüben sollen: „uns doch wurscht!“. Wie man knappe
innerstädtische Flächen sinnvoll nutzt: keine Idee. Kleinste, ausschließlich
rechteckig angelegte Einzelhäuschen mit winzigsten Kleingrünflächen für jede
„Familie“ (soweit man unter solchen KZ-Umständen „Familie“ sein kann). Und die pseudo-individualisierten
Handtüchlein werden noch verkleinert dadurch, dass man auf jeden
Spielzeugeisenbahn-„Gärtchen“ ein fettes, überdimensioniertes Gartenhaus gestellt hat, denn: die 7 qm Rasen
pro Schachtel wollen ja gemäht, gedüngt, vertikutiert… werden. Hätte man die
Häuser sinnvoll und sozial angeordnet, das Grün zum Gemeinschaftsgrün gemacht,
hätte man sich 30 Rasenmäher sparen und 30 mal die für alle verloren gegangene
Fläche für das Gardenia-Zubehör sparen können. Im derzeitigen Zustand dauert ja
das Anlassen des Rasenmähers länger als der Mähvorgang selbst (sprach traurig das Schaf). Bäume? Beschattung?
eine Bank für den auf die Kinder aufpassenden Opa? Räume für Kommunikation
zwischen den Bewohnern?-alles Pustekuchen.
Genau so sieht die Welt aus, wenn jeder
nur an sich denkt und deshalb „an jeden gedacht“ ist.
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