Wer
heute ein Auto oder Motorrad kauft, wird sich schwer tun eines zu finden, das
nicht mit jeder Menge überflüssiges Unsinns ausgestattet ist.
Autos,
in denen alles war, was was man braucht-aber vor allem: alles n i c h t drin, was man nicht braucht, konnte man Anfang der 90er Jahre kaufen – den guten
alten Mercedes 190 oder die 124er Baureihe. Auf dem Motorradmarkt ist die
Entwicklung ähnlich.
Mein
Liebling und in vielerlei Hinsicht eine Sensation ist die SR 500 von Yamaha.
Nachgeschoben als Straßenmodell der seit 1976 erfolgreichen XT 500 fand sie ab
1978 begeisterte Käufer und war 1982 das meistverkaufte Motorrad in
Deutschland.
Sie
wurde beworben mit dem knackigen (aber eigentlich falschen) Satz
Für Männer, die noch richtig
zupacken können
Die
SR befriedigte wohl einen aus dem Bauch kommenden Trieb nach dem
Ursprünglichen, nach Klarheit, Einfachheit, Ehrlichkeit. Wer das Wummern in den
Klöten nicht ertragen konnte, sollte lieber Vierzylinder fahren. Die SR
brauchte keine Glättung ihrer Kantigkeit, keine Ausgleichwellen, keinen
Anlasser – da konnte der Mann sich noch als echter Macker fühlen.
Und-auch
da ganz Mann - : die SR war und ist bildschön, schnörkellos, auch ästhetisch
ein Vorbild, das heute noch genauso gut da steht wie vor 25 Jahren.
Ich
kam auf sie durch einen Freund, durfte mich 1981 am Chinesischen Turm in
München auf seine 2 J 4 –so hiess das erste Modell nebenher -setzen und wusste: ICH MUSS SIE HABEN !! Sie
sass wie angegossen, alles genau an der richtigen Stelle. Nichts zwickte,
nichts war schlecht erreichbar, nichts war zu schwergängig (wie etwa eine
Laverda-Kupplung, für die man Kraftsportler sein musste).
Also:
500 ccm³,Viertakter, 27 oder 34 PS,
Verbrauch so um die 4 l im Landstrassenverkehr, mein Minimum beim Cruisen um
den Comer See waren 3, 75 l – wer auf der Autobahn rast, kommt an die 5. Aber
das macht ja auch nicht-die SR fährt man ehr wie einen alten Diesel: ab 75 bin
ich fast immer im 5.Gang. Ich weiß auch bei meiner inzwischen 3.SR nicht, wie
weit die Gänge reichen(würden).
Die Konkurrenz versuchte schnell nachzuziehen,
hatte das System aber nicht verstanden: Modelle wie die Honda FT 500 oder XBR
500 waren durchaus nette Mopeds, sie waren aber keine SR und konnten nicht
annähernd deren Erfolge erzielen.
Ruiniert
wurde die SR von den Beamtengehirnen: wegen irgendwelcher Lärmvorschriften
wurde die Leistung von 34 PS (die immerhin für ca 150 km/h gut waren und mit
denen man mit Anlauf den Kindinger Berg mit nicht weniger als 140 schaffen
kann) bis auf 23 PS gedrosselt – damit konnte man kaum noch einen LKW überholen
und das machte keinen Spass mehr.
Im
Lauf der Zeit erfuhr die SR einige Änderungen – mal mit ehr experimentellem
Charakter und nicht besonders sinnvoll (wie die Duplexbremse vorne), mal gab es
riesenbreite Lenker, riesige Scheinwerfer, die schrecklichen 6-Speichen
Alufelgen mit modernistischem Design – aber insgesamt wurde eine konsequente Modellpflege betrieben, die
insgesamt sinnvoll war.
Vor
allem die bessere Ölversorgung des Zylinderkopfs mit einer separaten Steigleitung
aussen am Zylinder war sehr zweckmäßig und reduzierte die ständige
Ventilspieleinstellerei erheblich.
Die
SR ist daher extrem ausgereift und zuverlässig.
Meine
91 er hat 2012 bei 7000 gefahrenen km gekostet: TÜV („ohne Mängel“) 60 €,
Ölwechsel (2 l à 2,99 €) 5, 98 €, Kerze 4, 75 € . . .
Über
meine gesamte bisherige 3.SR-Periode (Mai 2009 bis Oktober 2012, km 31 000 bis
73 000)hat die SR an Wartung und Pflege, Ersatzteile, Zubehör (ohne Benzin)
5,18 Cts/km gekostet.
So
wurde die gute Alte bis 1999 in Europa angeboten – auch aussergewöhnlich bei
den üblichen hektischen Produktzyklen. In Japan läuft sie als SR 400
(inzwischen mit Einspritzung statt Vergaser) auch 2012 noch.
Eine
Meldung über die Tokyo Motorshow in
Autobild vom 30.10.09 (mit Abbildung einer schwarzen SR) schien
nahezulegen, die Fans in Europa könnten sich wieder Hoffnung auf eine
Neuauflage machen: „Ein besonderes Leckerli sei noch erwähnt. Die Wiedergeburt
der legendären SR, jetzt mit Benzineinspritzung. Eigentlich ein Grund zum Feiern“.
Yamaha
hat mir mit mail vom 1.Dezember 2009 geantwortet :
„Bei
der auf der Tokio Motorshow gezeigten
Variante der SR 400/500 handelt es sich um ein Ausstellungsstück.
Bisher haben wir keine
Informationen darüber ob, und wenn ja wann, dieses Modell in die
Serienproduktion geht“
Eigentlich
schwer zu verstehen: die Läden, Logistik, Vertriebskanäle, Ersatzteile sind ja
allesamt noch vorhanden, teure Forschung und Entwicklung entfiele - Renditen wie bei einem abgeschriebenen Atomkraftwerk garantiert.
Und:
noch heute, mit angeblich etwa noch 17 000 zugelassenen Exemplaren, ernährt die
SR eine ganze Firma: KEDO in Hamburg. KEDO ist
DER SR-Spezialist – es gibt auf 437 (!!) Katalogseiten alles rund um die
SR: von der Umrüstung auf Langhuber und Leistungssteigerung um 15 PS für
schlappe 2 199 Euro (Katalog S. 74) , den Sitzbankschaumkern (47, 90 Euro, S.
297) bis zum 20 l-Alu- Tank (1 150 Euro, S. 286) gibt es schlicht alles. Alles.
Inclusive guter Ratschläge.
Meine
Präferenzen für eine eventuelle Neuauflage: moderate Leistungssteigerung auf ca
44 PS, größerer Tank, Zahnriemenantrieb und eine Kurbelwelle mit etwas mehr
Masse.
Derzeit
(09/2012) bekommt man gut kaufbare SRs so ab etwa 1 300 Euro.
Wer
an der Ampel auf Begeisterung stoßen oder ständig angesprochen werden will (der
häufigste Satz, gehört sogar vor dem Moto-Guzzi-Museum in Mandello del lario am
Comer See, dort war es ein Wiener: „DIE hatt´ich auch mal!“) kommt um die SR
nicht rum.
Dank der ziemlich entspannten Sitzposition taugt die Guteste übrigens auch für längere Strecken. Dieses Jahr dachte ich-aus Elba kommend-man könnte doch eigentlich auch durchfahren bis Erlangen. Auch d a s geht: 1090 km in 12 Stunden. Mit maximal 120 km/h-sie soll es ja überleben. Man darf sich nur nicht bei jeder Autobahnraststätte denken "...ach, eigentlich könnte ich mal wieder einen espresso vertragen-das deutsche café-Grauen kommt früh genug!"
Dank der ziemlich entspannten Sitzposition taugt die Guteste übrigens auch für längere Strecken. Dieses Jahr dachte ich-aus Elba kommend-man könnte doch eigentlich auch durchfahren bis Erlangen. Auch d a s geht: 1090 km in 12 Stunden. Mit maximal 120 km/h-sie soll es ja überleben. Man darf sich nur nicht bei jeder Autobahnraststätte denken "...ach, eigentlich könnte ich mal wieder einen espresso vertragen-das deutsche café-Grauen kommt früh genug!"
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