WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Montag, 12. März 2012

Klappräder, Alzheimer und andere Sorgen

Ich erinnere mich an einen Aufsatz des polnischen Philosophen Leszek Kolakowski (1927 - 2009): "Lob der Inkonsequenz" hiess er. Für mich gelang ihm eine überzeugende Argumentationskette dafür, dass jede bis in die letzte Konsequenz durchgeführte Praxis das ursprüngliche - gute, korrekte -Anliegen in sein Gegenteil verkehrt,  jedenfalls aber zu irgendetwas Verquerem, Verkrampften führe. Beispiel: natürlich kann man Falschparker in seiner Strasse anzeigen. Tut man dies aber wie ein aus der Zeitung bekannter  Kandidat in notorischer, eben "konsequenter" Weise mit 30 Anzeigen pro Tag, wird man eben zu einem nörgeligen, fiesen, verqueren , alten Möpp.
Anlass, an die Weisheiten des polnischen Gelehrten zu denken, war nicht etwa, dass mein Auto geklaut worden wäre, sondern eine Szene am Erlanger Bahnhof. In der Schlange der Einsteigewilligen stand  eine Frau mit einem seltsamen Etwas an der Leine. Vorausschicken muß man: es war bedeckter Himmel, aber trocken. Die Frau mit dem merkwürdigen Hundi war für alle Eventualitäten gerüstet - die perfekte, konsequente Outdoorkandidatin ("A u t o ? Haben mein Mann und ich schon seit Jahren nicht mehr!"-so  h ä t t e   sie sagen können). Schöffeljacke, regendichte Überhose, allgemeiner Eindruck: für die jederzeitige Bergbesteigung (mitten in der Großstadt) gerüstet. Noch schöner war jedoch das Hundi. Ein Mini-Klapprad, bei dem nach dem Umklappen ein Sammelsurium von vier noch kleinerern Räden derart in die richtige Position gelangte, dass man auf  i h n e n  das Fahrrad-Hundi nunmehr bequem rollen konnte.
Wie Herr K. sagte: alles sehr vernünftig, sehr zweckmäßig, man täte sich schwer, ein GEGENargument zu finden - dabei aber eben schon deutlich jenseits dessen, was ein zu moderatem Chaotentum neigender Mensch wie ich noch gutgelaunt schlucken kann.
K l a r.  Auch e-books sind sinnvoll. Manches Altchen kann nur deshalb noch Bücher lesen, weils beim e-Book auf Wunsch große Buchstaben gibt. Aber was wollen normale Leute mit sowas? Soll ich 1000 km an den Strand Italiens fahren und dann nicht ins Meer steigen können, weil vielleicht bei meinen Plantschübungen irgendein schrumpliges italienisches Altchen mit gelber Armbinde und 3 schwarzen Punkten drauf sich dieses Pseudobuches bemächtigt und sich damit ins eigene Appartement aufmacht?
Und: wie will ich vom "E-Book" schnell mal die linke obere Ecke zweckentfremden und sie als Arschwisch benutzen, wenns mal nicht gereicht hat?
Mit echtem Buch kann ich ein paar Körner Sand auf die Seite des eben Gelesenen schmeissen und nach dem Baden weiterlesen. Das braucht man als  beginnender Alzheimer. Ich würde NIE merken, ob ich die Stelle vor 20 Minuten schon mal zu verstehen versucht hatte.

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