WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Samstag, 14. April 2012

Wir werden langsam amerikanisch. Dort muss man nicht Gefahr laufen, dass man vor lauter Blödheit an einen Laternenpfahl läuft:Warnschilder (wie im Guggenheim-Museum gesehen) machen den Betrachter darauf aufmerksam, dass ein Ausstellungsbesucher riskiert, hier Kunst zu sehen, die seine religiösen, sittlichen oder sonstigen "Gefühle"verletzen  k ö n n t e. Schliesslich lauern überall Anwälte, die ein "verletztes Gefühl" zu viel Geld machen wollen.
Auch der Deutsche kann sein Gehirn mittlerweile  zu Hause lassen. Der schöne, ca. 7 m lange und  überichtliche Weg in Erlangen könnte ja auch gewaltige Haftungsrisiken bergen. Aber dank einer zum Glück so vorausschauend agierenden Verwaltung ist dem vorgebeugt. Auf beiden Seiten steht ein Schild-fast größer als der Weg selbst-, das uns vor allfälligen Gefahren warnt. Danke, oh Verwaltung. Was  w ä r e n  wir ohne Dich?!
P.S. ..ach, übrigens: wenn man sich nicht darüber im Klaren sein sollte, ob die Glatteis-Schlittersaison schon zu Ende ist oder weiter die Verletzung von Gefühlen und Aussenbändern drohe: die Verwaltung führt uns auch hier auf sicherem Pfad. Mit endgültigem Frühlingsbeginn werden die beiden Schilder entfernt (und sicher in ein trockenes, gefühlverletzungsfreies Lager "verbracht" -Beamte "verbringen" gern - dort gereinigt, in eine Bestandsliste eingetragen, ihr wintriges Entfernen aus der Bestandsliste getilgt und dann bis Winterbeginn verwahrt, das Ganze sicher von einem zuverlässigen Mitarbeiter, der sich damals auf die Anzeige "Zuverlässiger Verwalter gesucht - wir unterstützend die Bewerbung von Menschen mit Behinderung etc" gemeldet hat.
U n s e r e  Behinderung werden wir uns jedenfalls  n i c h t bei einem Sturz auf   d i e s e m  Weg zugezogen haben.

Dienstag, 10. April 2012

Schmeisst Eure Kippen überall hin !!


Da ist doch der angebliche Erfinder der "broken-windows-Theorie" gestorben. Sie besagte-ganz grob-: wo Anzeichen von Destruktion oder Verwahrlosung erkennbar sind, verlieren auch ansonsten womöglich ganz anständige Menschen ihre Hemmungen, Straftaten zu begehen, Müll illegal abzuladen , ihre Zigarette auf den Boden zu schnippen oder ähnliches.Man lasse im Fahrradkörbchen nur mal eine angebissene Leberkässemmel ligen- sie wird nicht lange allein bleiben.
Empirisch erhärtbar scheint es zu sein. Abgelegte Briefumschläge mit deutlich sichtbar drin enthaltenem Geldschein werden in verranzter Umgebung wesentlich öfter mitgenommen und geklaut als bei sauber-ordentlichem Ambiente.
Gilt auch umgekehrt - wo Sauberkeit  oder zumindest "dahinter-her-sein" erkennbar ist, sind illegale Aktionen tendentiell seltener (das hatte auch Richterin Kirsten Heisig in Berlin erkannt).
Mit dieser Theorie  als Begründung hatte der frühere (1994 bis 2001) Bürgermeister von NY, Rudolph Giuliani,  aus einem "kaputten" und kriminellen Manhattan wieder eine etwas schönere und  deutlich sicherere Stadt gemacht. Hiess: alle neuen Graffitti binnen eines Tages entfernen, alle Kleinkriminalität drastisch verfolgen, schlafende Penner aus warmen U-Bahn-Schächten (nicht islamisch, also "Kehle durchschneiden und ausbluten lassen"!!) vertreiben etc.
Die Zahl der Raubüberfälle sank um 64 %, die der gesamten Straftaten um 75 %. Gleichzeitig stiegen die Beschwerden gegen Übergriffe der Polizei massiv an. 1997 zahlte NY 27 Millionen Dollar Schadensersatz für rechtswidrige Polizeimassnahmen. Die "Erfolgs"zahlen sind allerdings umstritten.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Broken-Windows-Theorie)
Das Ganze war natürlich von  k e i n e m  Tropfen  s o z i a l e n  Öls gesalbt und führte vielfach nur zu einer Verlagerung aller Phänomene in weiter entfernte Stadtteile. Aber die KANTHERS und KOCHS dieser Welt haben sich gefreut - und der Manhattaner wohl auch. Was da andererseits an kreativem Potential  m i t  der Kriminalität den Bach runter gegangen ist, ist kaum quantifizierbar.

I n t e r e s s a n t  ist für mich, dass das Ganze eigentlich nur alter Wein in neuen Schläuchen war. Denn als Urheber des Ganzen,  nämlich "Wehret den Anfängen!" oder "principiis obsta!",  dürfte schon Cicero gelten  können (im Jahr 52   v o r   Christi Geburt!):
"...die anständigen Bürger sind auf irgendeine Art träger, kümmern sich nicht um die Anfänge politischen Unheils und werden schließlich erst durch die Unausweichlichkeit selbst aufgerüttelt, so dass sie selbst manchmal durch ihr Zögern und durch ihre Trägheit, während sie sogar unter Verlust ihres Ansehens die Ruhe behalten wollen, beides verlieren. Diejenigen aber, welche die Vorkämpfer des Staates sein wollen, bleiben sich nicht treu, wenn sie zu leichtfertig sind..."



Sonntag, 8. April 2012

UNSER Name ist Hase


"Polizisten als Straftäter" - dieses Thema wird bisher behandelt, als sei es ein Widerspruch in sich. Die Staatsmacht ist an Recht und Gesetz gebunden. Gesetze gelten für Staatsbedienstete unmittelbar, das sagt schon das Grundgesetz (Art.20 Abs.3 GG). Das Maximum an "Strafbarkeit", über das man regelmäßig über Polizeibeamte vor Gericht in Zeitungen lesen kann, lautet "Das Verfahren gegen die Beamten wurde eingestellt". 
Richter machen es sich da regelmäßig einfach: "Welches Interesse sollte ein Beamter daran haben, jemanden zu unrecht zu belasten?" , also: zu lügen? - heisst ihre übliche Frage. Für die meisten Richter gibt es  eine klare Antwort: keins. Also wird der durch eine polizeiliche Aussage Belastete verurteilt.,
Dabei ist das Interesse des Beamten völlig offensichtlich: neben dem am  Selbstbild als aufrechter Staatsdiener ist es sogar gesetzlich fixiert: nur gegen eine rechtsWIDRIGE Diensthandlung darf sich der Bürger wehren ( § 113 Absatz 3 Strafgesetzbuch).Die Beamten haben also allen Grund, ihren Einsatz durch eine Brille zu sehen, die nur RECHTMÄSSIGKEIT erkennen läßt.

 Die notorische Unangreifbarkeit von Polizeibeamten scheint inzwischen etwas ins Wanken zu geraten.Begonnen hat es mit der Polizeiinspektion in Rosenheim, deren Mitglieder sich den Ruf als Prügeltruppe erworben haben. Das Verfahren gegen eine Familie, die des "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" angeklagt war läuft noch. Die Vertretung von Staatsanwaltschaft und Polizei versuchte, die Familienmitglieder als Psychopathen hinzustellen und suchte aus der Vergangenheit einzelner Familienmitglieder akribisch nach Gründen für ein dauerhaftes Problem mit der Staatsmacht. Ein bisschen Pech hat die Anklagbehörde,weil das männliche Familienoberhaupt Polizeibeamter ausser Dienst ist und daher halbwegs gut wußte, wovon er spricht.
In Bayern brachte der Fall einer Dometscherin Einschlägiges. Auch hier dasselbe Schema. Anzeige gegen Beamte, weil sie der Dolmetscherin zahlreiche Verletzungen zugefügt haben sollen. Verfahren gegen die Beamten wegen Korperverletzung wird eingestellt, die Dolmetscherin hat die Anklage wegen Widerstands am Hals.
Der Hergang: bei einer Strafanzeige dreier Rumänen half ihnen die Dolmetscherin, die Anzeige zu erstatten. Im Lauf der Übersetzungen kam die Polizei auf die Idee, die Dolmetscherin behalte etwas für sich und wisse mehr (SZ Nr.24/2012, S. 45). In den darauffolgenden Minuten erlitt die Frau einige merkwürdige Verletzungen: drei Einblutungen am Kopf sowie Hämatome und Schürfwunden. Die  Beamten wussten zu berichten, die Frau habe sich hysterisch aufgeführt und sei dann in ihrer Aufgebrachtheit an eine Tür gerannt (offenbar gleich mehrfach) - daher dann die Verletzungen. 

"Die Vorsitzende Richterin wundert´s, dass sich jemand so verhalten sollte" 
schreibt die SZ nicht ohne berechtigte Süffisanz.
Die Frau selbst berichtet von  Machtgehabe, Erniedrigungen,  Ausländerfeindlichkeit und Gewalt, die sie bei den Beamten beobachtet habe.Einer der beiden habe sie gepackt, hochgezerrt, dann in den Nebenraum verfrachtet und gegen einen Türrahmen gestoßen.
Die beiden Beamten wissen als Zeugen sehr einhellig hiervon nichts, die Rumänen haben dasselbe beobachtet wie die Dolmetscherin.
Die Vorsitzende liess ein Gutachten erstellen, ob die Verletzungen der Frau so geschehen sein könnten wie von den Beamten geschildert. Die Rechtsmedizinerin erklärte, dass das beobachtete "Einnässen" der Frau eine mögliche Reaktion "in Todesangst" sei. Die Verletzungen könne sie sich nicht selbst beigebracht haben. So wurde das Verfahren gegen die Frau immerhin eingestellt. Dass kein  Freispruch erfolgte, lag wohl an einigen  Überreaktionen der Dolmetscherin.
Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Ermittlungen gegen die Beamten wieder aufgenommen-es roch ihr zu sehr nach einer abgesprochenen Falschaussage.
Es steht zu hoffen, dass der unerschütterliche Glaube einiger Beteiligter an fest angebrachte Heiligenscheine bei Polizeibeamten nun ins Wanken gerät. Erste Reaktionen gibt es: in Nürnberg wurde zum 1.März 2012 eine neue Dienststelle "Amtsdelikte" eingerichtet, die bei  Beschwerden von Bürgern über polizeiliche Übergriffe tätig werden soll. Hoffentlich ist´s mehr als weiße Salbe.