WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Freitag, 30. November 2012

Das Idyll "im anderen Teil Deutschlands"

Alexander Dubcek  ( * 1921, + 1992) wollte ja um 1968 Blumen blühen  lassen...eine Insel der demokratischen Seligkeit mitten im Ostblock."Sozialismus mit menschlichem Gesicht"... sollte sein Baby heissen. Und wir hätten uns alle gefreut, wenn das Modell der Welt eine dauerhafte Perspektive gegeben hätte statt von sowjetischen Panzern überrollt zu werden. "Modell" wurde es immerhin durch die mutige und kreative Widerständigkeit der Bewohner der damaligen Tschechoslowakei - vorbildhaft für jeglichen zivilen Widerstand. Da wurden den sowjetischen Panzerbesatzungen absurd beschriftete Wegweiser vor die Nase gesetzt, damit sie nie in Prag ankämen oder Polizisten und Geheimdienstler, die Oppositionelle festnehmen wollten, trafen auf ganze Häuser, in denen auf einmal alle Bewohner Dubcek hiessen...
Was für kuschelige Geschenke man im Sozialismus der umliegenden Länder (hier. der DDR) den Menschen machte, um sie bei Laune zu halten, zeigt das obige Relikt: was genau die Mitarbeiter des Sonneberger Amtsgerichtes da geleistet habe sollen, ist nicht einfach zu verstehen. Aber von der DSF - also der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft" ausgezeichnet zu werden, darauf konnte man schon stolz sein.

Mittwoch, 28. November 2012

Erlangen rettet das Weltklima !

                                          Unser Weltrettungseisberg

Endlich  mal etwas Positives ! Erlangen, die Stadt des Umweltbewußtseins und der Radfahrer, geht wieder fortschrittlich voran:der Himalaya schmilzt, durch übermäßige CO² Emissionen verursachte Stürme setzen New York unter Wasser, Eisberge der Arktis bröckeln vor sich hin - von uns als ästhetisches Ereignis schaudernd bestaunt im Fernsehen weit ab von gängigen Sendezeiten.
Und was tut Erlangen? Es hält mutig gegen und baut einen Eisberg statt nur zu lamentieren!
Sponsored by (steht nach der Werbung am Rand zu vermuten) :Siemens, Erlanger Stadtwerke, Auto (!!) Kraus.
Da fehlt dann nur noch der hubraumstarke, tiefer gelegte, motorgetriebene Laubbläser, der das störende Grün von den zarten Eiskristallen pustet.


Samstag, 24. November 2012

Tempelhof






Berlins Anspruch, Größe und Selbstbild ist an kaum einem Ort so perfekt und ambivalent in Stein gegossen wie in Tempelhof. Riesig groß, voller Symbole, Geschichte und Geschichten. Angetreten, der größte und mächtigste Teddybär Brandenburgs – ach nein: der Welt ! - zu sein und dann voller abgeschabter Stellen, ausgerissener Körperteile, nicht mehr funktionierenden Brummetismus´. In Tempelhof kann man sehen, dass der Berliner sich von Deutschlands vermutlich größter Nicht-Regierungsorganisation zumindest in seinem Freizeit-Alltag nicht weiter stören lässt.
Der lange Fußweg aufs frühere Flugfeld wird  von der Geschichte einstiger Grausamkeiten dieses Ortes nur marginal gestört: das  einzige KZ der Nazis auf Berliner Boden-das Columbia-Haus -  wurde schon 1936 abgerissen und ist nur  als schüchternes Blechtäfelchen verblieben


Ob als Besucher oder Nutzer des Provisoriums – in Tempelhof ist man als Mensch immer ein Nümmerchen zu klein. Frühere Größe bleibt räumlich immer überwältigend präsent. Die Reduktion des früheren Hortes von Widerstand gegen das Bedrängende der weltgeschichtlichen Entwicklung auf ein überdimensionales Spielzeug findet seinen prägnantesten Ausdruck in einem eisernen Adlerkopf, den die Amerikaner den Berlinern überlassen haben. Früher im Ganzen 4.50 Meter hoch, bleibt er jetzt nur noch  Kopf. Der Adler äugt noch messerscharf, doch mangels Körper taugt er  nicht mehr zum Überflieger.


Und so bleibt man eben auf der Erde. Rund ums Flugfeld stapfen oder tänzeln Läufer, die eine Marathonstaffel absolvieren. Wer sie aus der Nähe sehen will, erkennt die pusselige Nutzung der riesigen Fläche: hier ein kleines Gemüsegärtchen, dort ein Minigolfplatz. Auch der konstruiert mit Mini-Geschichte: wo immer möglich, formen Flugzeugteile die Bande für den Lauf des Balles.
Draußen mahnt das Luftbrückendenkmal mit stecknadelkopfgroßem Anstandsträußchen davor, drinnen mampfen schon fertige Läufer Kuchen und Currywurscht. Man arrangiert sich. Wen stört´s, dass die Räume für die Bierbänke einige Stockwerke zu hoch sind? Aber immer bleibt ein bisschen Respekt vor einstiger Größe: beim Weißeln der Wände hat man die alte Aufschrift „PAN AMERICAN“ ausgelassen. Vielleicht war aber auch bloß kein Geld mehr da für den nächsten Eimer Perlweiss.


Freitag, 23. November 2012

Berlin - Rätsel & Lösungen II


·        Fett ja – fette Kohle: nein.  Wir  brauchten gewissen Mut, uns in der Sonnenallee 71  (Neukölln)  hinter eine voll beschlagene ebenerdige Fensterscheibe zu trauen. Der herrschende Fettdunst legte einen ehr kürzeren Aufenthalt nahe. Aber es sollte noch ein kleiner Happen vor der Heimfahrt sein. Auch die türkischen Pizzabäcker signalisierten ein wenig: „was machen SIE denn hier!?“ Die spätjugendliche Tochter dirigierte souverän  –teils vor Ort, teils via Telefon – mit viel echt deutschem „alles klaaa!“ Anrufer und Pizzabäcker. Die frisch gemachte Pizza: 1, 95 Euro. Ja, richtig gelesen. Kann da jemand davon leben? Verdienst nur über gigantische Abnahmemengen denkbar. Womöglich sind solche Geschäfte alle Hartz – IV- Aufstocker? Ist es das, was Berlin nicht nur so sexy, sondern arm macht?  Die Pizza – vegetarisch – konnte man duchaus essen. Keine Offenbarung – aber wo Gips die schon für einsfümwunneunzich?

 
·        w i e  kommen die da hin?  Das betrifft nicht bloß die riesigen und meist perfekten Graffiti, die sich an unerreichbaren Mauern, Brücken und Hauswänden befinden. „Zu Lande, zu Wasser und in der Luft/Lust“ sind die Sprayer unterwegs. Blickt man von der Oberbaumbrücke Richtung Westen, steht da ein kleines Hinweisschildchen für die Schifffahrt. Es steht im Wasser, es ist mindestens 10 m von  der Brücke weg, es steht so weit aus dem Wasser, dass man schon in der Badehose hochklettern müsste, aber: auch da hat sich jemand verewigt. Vermutlich so:  mit großen Gummiflossen strampelnd, den Pinsel in der einen, den Farbeimer in der anderen Hand? Kreativität ist da einigen einiges wert. (Jaaa, ich weiss: man sprüht ! Aber auch ein Sprayer ist kein Hubschrauber).

Berlin: Rätsel (und Lösungen?)

Wenn das ma´immer so einfach wäre, das festzustellen...Kennedy wusste es, heute kann er´s uns aber nicht mehr sagen. Man muss selbst nach dem woher und wohin suchen.

·        Wo sind wir eigentlich? Osten oder Westen? Manchmal hilft Berlin auch dem Dööfsten. Gegenüber vom Café (wieder „CK“, Marienburger Str. 49))  steht ein kombiniertes, post-gelbes Briefkasten/Briefmarkengerät. „Ha!....Marken für die Karten an die Lieben…!“, denkt mein Kopf. Sprinte kurz rüber und lese dort ad 1) : Das ist so Berlin! (Werbeaufkleber auf Briefkasten), ad 2) „Dieses Gerät steht momentan nicht zur Verfügung“ (offizielle Stellungnahme der Post). …hmm…? War der Aufkleber schon im wowereitschen Sinn  selbstkritisch – „arm, aber sexy“? Kurz darauf kommt die Auflösung der Frage: die Frage selbst war wohl blöd. Es fährt ein Peugeot vor mit dem amtlichen Kennzeichen: B RD 7454. Wir sind „vereint“, die Frage stellt sich also nicht.



·        Direttissima ! Wenn der Berliner eines nicht ertragen kann, ist es Umschweife aller Art. Man sollte ihm immer frontal mit dem eigenen Ansinnen begegnen und auch seine Worte unter diesem Aspekt sehen. Tut man das nicht, kommen diese unangebrachten Stellungnahmen heraus, der Berliner sei unfreundlich. Das ist Kokolores. Man muss es ein bisschen lernen, sonst droht Schiffbruch: findet man zum Beispiel die Platte aus gebürstetem Metall an der Kasse des Gropiusbaues interessant und rätselhaft und fingert ein bisschen herum, um das Ganze für sich zu entschlüsseln, dann kann die -  durchaus vernünftige – Reaktion des Kassenfritzen eben heissen: „nehm´  ´Se ma´ die Finger da weg, da kommen gleich Ihre Karten raus!“  Hat er ja eigentlich recht. Girlandenlose Klarheit. Oder wenn man vor dem Menschen steht, der hören will, ob man O-Saft oder latte macchiato will, empfehlen sich langatmige Vorreden dahingehend, wer einem wo (in einem Cafe in der Oranienstrasse war es ) seine Cafékünste (und die gab es) empfohlen hat, ehr nicht. Bis zur Kommunikation der Zentralbotschaft wird man in ein starres, fassungsloses Gesicht blicken. Danach aber geht alles. Dann erzählt auch der frierendste, unterbezahlteste  Bewacher eines Museums gerne, wie, wo und mit wie viel mal Umsteigen an welchen Stationen man in den gewünschten Stadtteil gelangt. Wer bis dahin nicht kommt, wird des Berliners großes Herz am rechten Fleck nie erkennen.

Mittwoch, 21. November 2012

Berlin "Menschen" II

Nick Knatterton is everywhere   ("Fabrik", Schlesische Strasse, schönes Hotel ohne Modernitäts-Gehabe).Gespielt melancholisch-dekorativ mit Andeutungen von Strichjungen-Pose vor den illeggalen Schmierereien: Michael, der mich durch Berlin begleitete.



·        Das schlaue Bubele. Das nehm´ich mal vorweg-auch wenn es erst am Ende unserer Wanderung von Kreuzberg in die Knaackstrasse (Prenzlauer Berg) auftauchte. Das Bubele saß mit Mama um die 50 und wohl Opa im feinen englischen Tuche (Sakko, Pfeffer und Salz, Weißwein SCHON mittags…Opa, Opa…!?) zum Frühstücken bei „Anita Wronski“ (Knaackstrasse). Mama war figurtechnisch schon etwas zerlaufen, jedenfalls immer stolz aufs flaumbärtige Bubele, das ohne Punkt und Komma dem ebenso wohl stolzen und staunenden Opa mit knarzender Post-Pubertäts-Stimme und moderatem Oberlippenflaum alles erzählte, was er angesammelt hatte. Von Details des PC-Wesens bis zur Schulpolitike. Und keiner sagte, was ich dachte: „Halt doch einfach mal die Schnauze!“ Hätte ich natürlich bei meinem Sohn auch nichjemacht.

Tabor-/Wrangelstrasse (Kreuzberg)


 
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·        Denkwürdige Mrs. Unknown. Ewig schad´, Frollein! Das hatte nicht nur ein Wiener gesagt, der dermaleinst meine Mutter haben wollte (die aber schon weg war vom Markt), sondern ich sage es nach einer denkwürdigen Begegnung, die mir einen 10minütigen, teils schaudernden, teils fassungslosen  Blick in die Großereignisse des vergangenen Jahrhunderts erlaubt hatte.    Unser weiterer Weg hatte über das Mauerrestchen voller „Berlin in two days“-Touristen namens East side gallery geführt. Ich durfte mittels einer Leiter, die bis an den Mauerrand reichte, etwas den Aff´ für Michaels bekannt gute Fotos und ein paar andere spielen, das Freiareal etwas gießen (auch in Berlin: wo sind die Toiletten???). Dann musste etwas Ruhe sein, hinsetzen, Geldautomat suchen. Gab es alles in einem Kaufhof kurz nach einer Passage mit bester Plattenbau/Ostware nähe Ostbahnhof.  Ich breitete meinen mini-Stadtplan aus, checkte, ob wir noch ungefähr auf der Nord-West-Hypothenuse Richtung Kollwitzplatz wären und dann kam sie. Eine kleine, schon etwas zusammengefallene Dame mit Perücke, die mich höflich fragte, ob sie mir helfen könne. Zwar brauchte ich eigentlich nichts, aber ich wollte sie ob ihrer Freundlichkeit und meiner Neugierde auf Unvorhergesehenes nicht einfach in Ehren entlassen. Ich fragte, sie geriet ins Erzählen. 87 war sie-siebenundachtzig ! Das gab´s in ihrer Geschichte: der erste Mann war ein chinesischer Medizinprofessor aus Hongkong - sie hatte auch dort eine Zeit lang gelebt und war zwei mal von Taifunen um ihr gemeinsames Hab und Gut gebracht worden. Weitere 3 mal sei sie ausgebombt worden, dieses Mal in Berlin. Ihr Mann wurde später Opfer der  der Kulturrevolution in China in den späten 60er Jahren, er wurde ermordet. Mann No 2 soll ein DDR-Boxtrainer namens „Kramer“ gewesen sein, der Manfred Wolke von der Strasse geholt und Henry Maske entdeckt haben soll. Und ihre Stasi-Akte sei „so hoch“ – nach ihrer Handbewegung etwa 80 cm. Mein Versuch, sie zur Literarisierung ihrer Geschichte zu bringen, begegnete sie mit Abwinken – vier mal habe sie es schon versucht. Mir wollte sie dann auch nichts weiter sagen und ging.

Berlin I - Menschen

Es isst sich halbwegs ruhig, wenn man auf der Spree-Seite der east-side Gallery sitzt, trotz der Bedrohung durch die Wölfe aus Polen.
Man kriegt einiges mit auf einem Weg von Kreuzberg/Wrangelstrasse zum wunderbaren Café CK in der Marienburger Str. 49/Prenzlauer Berg.  Beziehungsweise bei den anschliessenden Museumsbesuchen,Wanderungen.


 
·        Abraham Lincoln. Cafe CK. Marienburger Str.49, Prenzlauer Berg. Die Herren vom Café waren noch allein hinter dem Tresen, als wir am Sonntag zu nachtschlafender Zeit (so gegen 11) kamen. Der Barista  sah  ein bisschen aus wie jener dissidentenbärtig umkränzte Ex-US-Präsident  - etwas weniger gestrenge vielleicht. Wie wenig furchterregend er dabei war, merkte ich erst richtig beim Zahlen. Mein Begleiter hattte wieder ausgiebig in „ich-bin-auf-allen-Medien-gleichzeitig-unterwegs“ gemacht. Heisst: das Caféherzchen mit dem Smartphone photographieren, der ex-Freundin schicken, mitten im weiteren Gespräch nicht dem Gespräch, sondern der piepsenden Antwort der Ex sich zuwenden. Ein GRAUEN für jeden, der meint, bei einem Gespräch könne und solle was rauskommen, am besten für beide Beteiligten. Ich stellte also die Pseudokommunikation ein und widmete mich fauchend der Zeitung. Als ich zahlte, die obligate Frage „Allein oder zusammen?“ Ich sagte - nach wie vor als schwefeldampfendes Etwas kurz vor Explosion: z u s a m m ä ä n !! Der kleine Bärtige hatte offenbar seine feinen Antennen schon angestellt - es kam ein leicht süffisant-freundliches „Sicher?“ 
 
·        Der nicht singende Tenor. Hunger auf Fettes nach so viel gehen, schauen, reden, Begegnungen, Kultur. Wir befriedigten ihn bei „Frau Rauscher“ in der Wrangelstrasse/Kreuzberg, einem Frankfurter Äppelwoi-Ecklokal. Es gab Äppelwoi und was man eben in Berlin so alles kriegt neben  Tapas, Pizza, Döner, indisch…: Rheinischen Sauerbraten. Keiner rauchte. Dann kam gegen 22 Uhr einer der Gäste, machte überall an den Tischen die Runde und fragte –unhörbar, was. Neben meinem Stuhl kniete er sich hin, reckte theatralisch die Hand nach oben und fragte „Darf ich rauchen??!“

Popper poppt mal nicht


·        Cinderella. Cinderella stand lässig in der U-Bahn im Eck. Unnahbar, wie es Frauen wohl lieben und Männer lieben & hassen zugleich – letzteres, weil sie sich eben wieder mal nicht trauen….“nächstes Mal!“. Cinderella hatte silberne Haare, silberne Hose, rosa Stiefel, rosa Schal, Kaugummi für  den „Lässigkeitsfaktor PLUS“, eine Wespentaille und ziemlich viel Busen – beides aber so unter dem in der Hüfte eng geschnürten schwarzen Lackmantel versteckt, dass ich für die Sicherheit der Information die Hand nicht ins Feuer-, höchstens verifizierungshalber dieselbe an C. gelegt hätte. Direkt bei mir standen zwei nett tuckige Schwule (der Kleine, dreitagesbärtige schlängelte sich und seinen Körper bei jedem Wort)-sie hatten sie auch gesehen. Nur in der Busenfrage zeigten sie sich auf Kurzbefragung blank: sie hatten das Silikon nur im Gesicht vermutet. Und dann waren sie leider auch schon verschwunden. Aber es war nicht das erste Mal an diesem Berlin-Wochenende, dass ich merkte: der Schwule merkt OIS (bayrisch für: alles!) !
Sarah Wienert wienert den Osten und wird dabei beobachtet (Stasi!!??)- am Fenster darüber.
Berlin ist eine Reise wert, auch wenn´s bloß zwei Tage sind. Aber:  s e h r  anstrengend, es sei denn, man hätte seine Scheuklappen dabei.






Montag, 19. November 2012

Äußerliches, Symbolhaftes, Narrheiten

"Max" , OSB 251, Bj 1955, 18 PS



Das ist ein Motorrad, in Ehren erGRAUt. Hat man es brav zugelassen, darf man es in Deutschland im gestrengen Rahmen der Gesetze frei bewegen. Bremsen, wenn es nötig ist. Fahren mit Fuffich inne Stadt.
Das ist nicht selbstverständlich, denn es hat zwar vielleicht den Segen des TÜV, aber einen schlimmen Makel: es heisst NSU. Das war oder ist die Abkürzung für Neckarsulm, Stadt und Zusammenfluss der Flüsse Neckar und Sulm. Ab 1892 als Markenzeichen der Motorad-u.a. -Produktion eingetragen, unter der Christian Schmidt und Heinrich Stoll ihren legalen Geschäften nachgingen.
Und NSU könnte auch „nationalsozialistischer Untergrund“ heissen. Könnte. Heißt es aber nicht, sondern hier ist es die NSU MAX, ein Klassiker der 50er Jahre, weshalb man eigentlich die Problematose-Bibel wieder zuklappen könnte.
Aaaaaber: Auch eine Nürnberger Autonummer wie „N-SU 88“ hat ja weder mit Hitler noch mit dem nationalsozialistischen Untergrund der (vermutlichen) Verbrecher Mundlos, Tschäpe und Böhnhard viel zu tun, doch, ach: Nürnberger Bürger machten „empörte“ Eingaben, dass N-SU ... in Nürnberg nicht sein dürfe. Also gibt die KfZ-Zulassungsstelle derartige Kennzeichen künftig nicht mehr aus.
Auch Meister Tayip Erdoan , türkischer Ministerpräsident,

(so will er genannt werden, sich aber nicht anders als „Erdogan“ schreiben)
http://www.thomaswhite.com/images/emerging-leaders/img-recep-tayyip-erdogan.jpg

hat mit derart Vergeistigtem, mit Symbolen statt Inhalt, anscheinend ein Problem: die zahlreichen Sexshops auf seiner Fahrtstrecke ins Büro „stören seine religiösen Gefühle“. Sie wurden allesamt abgemahnt und müssen sich jetzt irgendwie „schöner“ nennen. Ich würde vielleicht „Tüttün ründ üm die Ühr!“ empfehlen.

Warum müssen wir uns an solch´falsche Symbolik hängen? Weil es sich da so wohlfeil und (vermeintlich) von allen bebeifallt gutmenschig scheinen läßt? Weil sich damit so simpel eine kleine, reine Fiktions-Puppenstube bauen lässt, einfach, überschaubar, ohne Böses? Wieso solle ich nicht gläubig sein UND Möpse sehen können? Was hat die Qualität von Musik mit der politischen Einstellung des Komponisten zu tun?
Dürfen wir auch keine Schäferhunde mehr halten, weil Hitler sie mochte?
Auch wenn wir so albern sind, das Böse auf einer falschen Ebene bannen zu wollen, wäre es nicht besser, man liesse Bezeichnungen, die sich selbst, ihre Autoren und das in ihnen verkörperte Verbrechen diskreditieren, gerade wegen dieser Funktion bestehen?
Wie zum Beispiel die Reichskristallnacht, die nun in ihrer ganzen zynischen, verharmlosenden  Widerlichkeit aus unserem Sprach- und damit Erinnerungsschatz verschwunden ist, indem man sie zu „Pogromnacht“ umgemünzt  hat? Einer Bezeichnung, die mindestens die Hälfte der Bevölkerung nicht aussprechen kann, weil sie das Wort nicht kennt?

In Israel wird Richard Wagner nicht gespielt/aufgeführt, „weil“ der ein Nazi war und von Hitler hofiert wurde.

Daniel Barenboim kümmert sich um  die Pflege falscher Symbolik Gott sei Dank nicht. Sein bewusst aus Israelis und Palästinensern zusammengesetztes West –Eastern Divan Orchester spielt auch „Tristan und Isolde“. Und Barenboim kümmert sich weniger um die üblichen Denkverbote. So  hat er 2004 anlässlich einer Preisverleihung auch in der Knesseth eine Rede gehalten. Er konstatierte, dass es mit der Gleichbehandlung israelischer und palästinensischer Bürger nicht gut bestellt sei. Zitat: 

„Wie steht es um die Unabhängigkeit eines Volkes, wenn der Preis dafür ein Schlag gegen die fundamentalen Rechte eines anderen Volkes ist?“
Großes Getöse in Israel: dort will ja nun wirklich keiner der Offiziellen den Spiegel vorgehalten bekommen.
Think different !


Freitag, 16. November 2012

Der alte Groebe

Ich musss doch mal was über den alten Groebe sagen. Er hat mir doch einiges vererbt, was niemanden wundern muss. Ich vermute, dass meine spitze Zunge, mein schnelles Hirn, ein extremes Gerechtigkeitsempfinden und der nur schwer zu erschütternde Sinn für Humor in allen Situationen von ihm kommt.


Er hat mich auch noch im hohen Alter mit wunderbar kindsköpfigen Initiativen überraschen können.

Bei den Unterlagen, die es nach seinem Tod am 16.01.2001 zu sichten gab, habe ich auch etwas von ihm Geschriebenes gefunden: uns als Trauerpost übersandt von „Lehnchen“, einer alten Freundin, Juristin wie er auch, mit coolem Blick auf die Welt und nicht leicht mit der Unwahrheit zu bedienen, sie hätte den Finger in die Wunde gelegt.

Da hatten also am 3.November 1976 gelangweilte Angestellte in einer öden Versammlung der HUK-Coburg (bei der beide in verschiedenen Rollen zuletzt aktiv gewesen sind)gesessen und eine Rede anhören müssen. Womöglich zu meines Vaters (er war damals 64)Lieblingsthema, den sinnlosen Hervorbringungen der „Orga-Abteilung“. Und der alte G. war gelangweilt und entwarf halt mal einen „Kondolenzbrief für alle Zwecke“.

Er hatte als damaliger Landrat immer mit besonderer Freude die Anwesenheitswünsche von Obst-und Gartenbauvereinen, Kaninchenzüchtern und ähnlichen für Volk und Staat immens wichtigen Institutionen verfolgt und mit bedächtigem Raunen deren Betriebszwecke gewürdigt.

So sah das dann (gekürzt) aus:



„Sehr geehrte Frau Pustekuchen,

mit großer Bestürzung habe ich heute früh in der Zeitung gelesen, dass Ihr Gemahl, mein stets verehrter Freund und Schützenbruder Gerhard Pustekuchen uns plötzlich verlassen hat. Noch am (…) war ich mit ihm bei einem fröhlichen . . .[Schützen-?]abend zusammen und wer konnte ahnen, dass dies das letzte Mal auf Erden gewesen sein sollte!

[. . . ]

Wer einmal erlebt hat, wie unser Freund Gerhard in vorgerückter Stunde sich plötzlich erhob und auf [. . .das Ziegenzüchterwesen und seine ewigen Werte. . .bitte einsetzen…] . . . eine launige und inhaltsreiche Rede aus dem Stegreif

//wenn nicht zutreffend: wie unser Freund im vertrauten Kreise von den Idealen des . . . zu sprechen wusste//

der weiß, was wir an ihm verloren haben und welch schmerzliche Lücke sein Heimgang in unsere Reihen reißt.

(Folgt: Variante für Hundebesitzer)

Auch unser Hündchen ASSI, Stammvater?/mutter? unzähliger tüchtiger Hundegeschlechter der Bundesrepublik Deutschland, bekundete durch klägliches Bellen den Schmerz über Ihres Gatten Tod.

(Sein wohl neben ihm sitzender Kollege L., auch HUK-Sachbearbeiter, steuerte Variante II bei:)

Auch unser Hündchen Assi hat seiner Trauer dadurch konkret Ausdruck verliehen, dass es eine aussergewöhnlich große Wurst in verdauter Form produzierte und dabei seinen trauerumflorten Blick in Richtung Erdmittelpunkt wandte.

(es folgt weiteres Trauer-bla bla)

Mit stillen Grüßen



Bestellt: 8 Uhr 01

Geliefert: 8 Uhr 47

Abgeliefert: 13 Uhr 05

Und Lehnchen schrieb dazu: „der liebe „landratende“ Klaus wird mir in lächelnder Erinnerung bleiben – und keiner wird mich mehr „Lehnchen“ nennen.

Ihre Ingrid L.-B.“

Sonntag, 11. November 2012

Geld, Macht und geile Schlitten

(der Berg des Grauens-von Ebersbach zum Wasserturm, km
11-12 des Sonntagslaufs)


Unser Sonntagsläufchen ist wie das Bier in der Stammkneipe: man muss da nichts extra ´vereinbaren´. Wenn man es nicht abbestellt, kommt es.
Seine Teilnehmer scheinen das volle Mafiaprogramm im Laufdress zu repräsentieren: „Ärzte, Rechtsanwälte, Autotandler…“
Aber natürlich erfüllen wir drei dieses Klischee überhaupt nicht, denn wie sind hochgradig: „anständig, kritisch, vernünftig, werteorientiert, umweltbewusst, empathisch“ and so on. Und natürlich echte Gutmenschen-SO gut und klug, dass wir sogar unser eigenes G´tum noch kritisch hinterfragen. Solche Menschen kennen und dann sterben…

Unsere Biographien sind etwas auseinander gedriftet, sodass unsere mobile Philosophietruppe kaum Gefahr läuft, zu einer gänzlich betriebsblinden Selbstvergewisserungs- und  Selbstbefriedigungsveranstaltung zu werden:

E. hat es früher zu wild getrieben - eine Herzmuskelentzündung erlaubt ihm gerade noch, uns mit dem Rad zu begleiten. Wir beiden anderen haben Zipperleins, die wir derzeit als „beherrschbar“ einstufen. Die Selbstmedikation führt allenfalls zu einer Dosis „mal ´n neuen Schuh kaufen!“ oder die Voltaren - Tablette danach.
Der entscheidende Riß geht aber durch die Berufskarriere. Arzt und Tandler sind „drin“, ich bin „raus“ aus dem Hamsterrad. Ich habe Zeit und wenig Geld, die anderen das Gegenteil.
Autotandler K. hat sich vorletztes Weihnachten für geschätzte 4 500,- € eine Rolex gekauft (er schätzt - wie ich auch - Designklassiker). So ist seine Omega Speedmaster (ca. 2 800,- €) nicht mehr so allein.
Für meine  Max Bill (Junghans, Handaufzug; Sonderangebot 2007, 330,- €),

http://ecx.images-amazon.com/images/I/515K0MtiEeL._SL500_AA300_.jpg

habe ich vor fünf Jahren bei Rechtsanwaltens die Wohnung gemalert. Bei Menschen und Freunden, mit denen zusammen ich studiert habe.
Arzt E. war in diesem Jahr mit dem durchaus  gelungenen Töchterchen je eine Woche in New York und Barcelona, damit es ihr mal nicht an der nötigen Weltläufigkeit gebrechen möge.
K. entspannt vom ätzenden Autogeschäft gerne mal eine Woche in Thailand am Strand.
Über beispielsweise die Frage, ob und wie man die eigenen, prall gefüllten „ökologischen Rucksäcke“ je wieder wird leeren können, diskutiert man ehr in gepflegter Runde oder mit der ZEIT auf den Knien – die dann zugleich so nette Anregungen gibt, wo man noch in weit entfernten Weltgegenden Eingeborene mit der Anwesenheit europäischer „Gut“ menschen beglücken könnte.
Auch nach dem Laufen teilen sich unsere Strecken. Ich werde sehr gemütlich unter der blauen Fleecedecke auf dem Sofa liegen -  umgeben von bestem Café und Bergen noch nicht gelesener „Süddeutscher“. Ich könnte es aber auch anders machen.
Freund K. mit der Rolex kann es nicht. Er muss nach der Martinsgans bei seiner Mutter zu einem „EVENT“: sein Autohersteller stellt ein neues Modell vor, das die Welt so dringend braucht. Er wird sich wohl in einen Anzug mit Schlips schmeißen müssen,  zwanzig Kilometer zum Showroom fahren, Hände schütteln, dämliche Reden anhören, perfekte powerpoint-Präsentationen ansehen müssen (und sich wohl auch denken: „Herr, laß´ Abend werden !“).
Nach dem Sofa werde ich mir am Vorabend einen Film im Kino gönnen: „Love it or leave it“, bei dem zwei junge Männer durch das Italien Berlusconis reisen und die Frage eruieren, ob sie  Rom oder Berlin als künftigen Wohnort wählen sollen.
Unser Dottore hat mir beim Laufen erzählt, er sei seit 20 Jahren nicht mehr im Kino gewesen: „Keine Zeit“.
Beneide ich den Zustand der beiden anderen? Manchmal ja. Oft und ehr meistenteils aber: nicht. Ich freue mich, die Zeit zu haben, mir in der Fränkischen Schweiz den besten Apfelbaum auszusuchen, mir von einsamen und ehrsamen Walnussbäumen zwei Rucksäcke voller Nüsse holen zu können. Umwelttechnisch auch nix, weil mit dem Motorrad.
Zwar mag ich mir jede Ausgabe von Geld lang überlegen müssen, aber zwei Vorteile hat das:

·        über meine Zeit entscheide ich selbst, nicht andere. Und:
·        Konsum schöner und eigentlich zu teurer, aber dauerhaft erfreuender Dinge oder Genuss weiter entfernter Gegenden werden zu etwas sehr Besonderem, das man wie jedes knappe Gut deutlich mehr genießt

Und natürlich kann ich mir vorheucheln, dass diese Lage – die ich ja so nicht eigentlich gewollt habe – mich zu einem noch besseren und umweltbewußteren Gutmenschen macht als meine zwei Freunde.
An diesem Sonntag hatte der Dottore extra eine Plastiktüte dabei: er wollte eine Krause Glucke

(sparassis crispa, „ein ausgezeichneter und ergiebiger Speisepilz“, sagt der BLV Naturführer, S. 24)

endlich mitnehmen, die er am vergangenen Sonntag an einem Baumstumpf gesehen hatte. Die Tüte mit dem Pilzschwamm hing dann an meinem Rad – der Dottore war schon vorausgeradelt.
Er hatte mir vorher auf Frage glaubhaft versichert, dass wir keine alten Rechungen zu begleichen hätten. Als ich voller Grundvertrauen zu Hause zur Tat schritt, war mir das dann doch ein bisschen viel Natur: aus des Sparassies Tiefen schauten mich diverse Ohrenhöhler und Kleinspinnen angsterfüllt und fragend an.
Sie alle wegzuspülen und das dreckige, brüchige Pilzgewaber zu einer schmackhaften Mahlzeit zu verarbeiten…wenig aussichtsreich. Ab in den Müll.
Wieder nix mit „natürlichem Leben“.

Donnerstag, 8. November 2012

Harmonie

He Xie (Harmonie)



http://data2.blog.de/media/314/1325314_f3d64b1e6e_m.jpg

Es war schon immer die Methode staatlicher oder nichtstaatlicher Machtcliquen, den Zustand ihrer inneren Verrottung aufwendig zu verschleiern und durch allerhand Zierrat dem Bürger schmackhaft zu machen.

Nordkoreaner, die sich von Baumrinde und Flechten ernähren müssen, bekommen Truppenparaden und Atommachtgetöse auf den leeren Teller.
An verfallenden DDR-Häusern hingen aufmunternde Parolen, dass der Sozialismus nicht nur die bessere Staatsform sei, sondern schlussendlich auch siegen werde, Cubaner wurden gegen den Klassenfeind mit achtstündigen Castro-Reden auf kleinster Flamme zusammengeschweißt.
Auch unser grosser, gelber Freund – der Chines´- hat da so seine Methoden. ER schiebt Konfuzius vor. Der hatte den Begriff der Harmonie geprägt. Meinte aber eine innere Ausgeglichenheit, die den Einzelnen von Exzessen der verschiedensten Art abhalten sollte.
2005 gaben Hu Jintao und Wen Jiabao diese „Harmonie“ als gesellschaftliche Leitlinie aus. Seitdem muss der arme Konfuzius als Zierblende für alles herhalten, was der chinesischen Führung gerade so einfällt.
Wenn also beispielsweise die New York Times aufdeckt, dass sich die Kader der chinesischen Führung und deren Verwandte bis hin zur kaum mehr geschäftstüchtigen Mutter in vermutlich Milliardenhöhe die Taschen gefüllt haben, greift das „Harmonie“ gebot.
Radioberichten zufolge dauerte es nach dem Erscheinen der NY Times gerade fünf Minuten, bis die nie schlafenden Netz-Zensoren Konfuzius zu seinem Recht verhalfen und der Welt ihre Harmonie zurückgaben, kurz: den Bericht harmonisierten, sodass der Chines´ ihn nicht mehr anklicken und auf dumme Gedanken kommen konnte.

Chinesisches Zeichen fuer Harmonie   in chinesischer Schrift, Zeichen Nummer 1.

Mittwoch, 7. November 2012

Four more years !!

So sah der Fernseher aus - heute Nacht gegen  4 Uhr 30. Was für eine Erleichterung.
Zuvor hatte Arte noch einen dauerschwadronierenden republikanischen Radiosprecher gezeigt, der die zahllosen Zahnlosen der USA davon überzeugen wollte, wie GUT es für sie sei, wenn sich Reiche eine Yacht oder einen Flieger zulegten, denn da hätten sie alle Hand angelegt und unzählige Arbeitsplätze seien geschaffen worden...und  d a s  ginge eben nur mit Romney.
Wollen wir 1.hoffen, dass er damit recht hat und 2.dass den Amerikanern  derartige zynische Aufmunterungen für die nächsten vier Jahre erspart beiben.
Eine Haitianerin hatte das Entscheidende gesagt: dieser (wieder-) Präsident wisse, was Armut ist.
Und mag man ihm auch Scheitern an einigen Fronten-nicht immer selbst verschuldet.vorwerfen können: allein, dass im Land des Ku-Klux-Clans ein Schwarzer Präsident ist, ist Triumph und Anlass für Hoffnung genug.