WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Mittwoch, 6. Februar 2008

Das Dach der Welt

Auf dem Dach hat normalerweise niemand etwas zu suchen. Wer sich dort aufhält, ist entweder geladener Gast (wie der Storch) oder ist in segensreicher Mission tätig wie der Schornsteinfeger. Deshalb frage ich mich schon lange vergeblich, was der Chines´in Tibet zu suchen hat.
Am vergangenen Wochenende gab es einen Bericht über die neue Bahnverbindung China - Tibet im Fernsehen zu sehen, in der doch tatsächlich lachende, gut gelaunte chinesische Reisende sich freuten, bald die tibetische Kultur kennenzulernen. Da machte sich in meinem Gehirn etwas schmerzhaft Juckendes breit, was irgendwo zwischen "Kopflaus" und Entsetzen rangierte: Welche Kultur mochte er gemeint haben? Welche Kultur, die vom chinesischen Wüten übrig gelassen wurde jedenfalls.
Bevor China seine staatsrechtliche Ansicht in die Tat umzusetzen begann, dass Tibet ein ganz normaler Teil des chinesischen Staatsgebietes sei, gab es dort etwa 25 000 Mönche und Nonnen (vor 1959; Quelle: http://www.tibetfocus.com/), heute sind deren gerade noch 1200 veblieben (a.a.O).
Ja, vielleicht wollen die Tibeter ihren Buddhismus einfach nicht mehr praktizieren und verlassen einfach deshalb ihr Land, klar. Es fliehen einfach nur aus Jux und Dollerei jährlich etwa 2000 bis 2500 Menschen nach Indien. China jedenfalls hat ein unsägliches Zerstörungswerk angerichtet: Millionen von Bäumen wurden gefällt, etwa 6000 ( sechstausend... der Freistaat Bayern leistet sich mit der bayerischen Schlösserverwaltung eine eigene Institution für gerade einmal 45 Schlössr, 27 Parks und 21 Seen !) Klöster wurden zerstört, jahrhundertealte Dokumente vernichtet-z.T.zu Schuhsohlen verarbeitet(berichtete der Dalai Lama).
China verbreitet in der bekannten Art totalitärer Staaten tosenden Optimismus über seine aufopfernde Politik zugunsten Tibets (z.B. via http://www.china-botschaft.de/ ; dort "Tibet, Dach der Welt"). Hätte China wirklich das immer behauptete gute Gewissen in Sachen Tibet, wäre weder die so groß aufgemachte Berichterstattung über einen so kleinen Landesteil erklärlich noch das offizielle Rummaulen, wenn irgendwo in der Welt der Dalai Lama empfangen wird. Man weiß offenbar also sehr genau um die eigene Achillesferse.
Gut-der staatsrechtliche Status Tibets ist weltweit umstritten, was aber auch daran liegen mag, dass unsere politischen Begriffe ( nach der 3-Elemente-Lehre von K.Jellinek : Staatsvolk, Staatsgebiet, Staatsgewalt, s. www.uni-erfurt.de/Staatsrecht/Dokumente/Arbeitspapiere/Voelker/AP1.doc) für einen sich womöglich weitgehend religiös verstehenden etwas lockereren Staatsverband nicht so recht passen.
Das reicht aber als Rechtfertigung für imperialistisches Gehabe nicht aus: China will aus Tibet ein vom Zentralstaat beherrschtes Anhängsel machen.
Keinem anderen Zweck dient letztlich auch die Bahnverbindung von Golmud (Provinz Quinhai) nach Lhasa. Diese ist ohne Zweifel ein technologisches Meisterwerk - aber gerade auf solchen Wegen wollen totalitäre Staaten sich ja meist weltweite Anerkennung verschaffen: eine Eisenbahnbrücke baut sich leichter als eine Demokratie.
Die Strecke ist 1142 km lang, besitzt mit Tanggala in 5068 m Höhe den höchsten Bahnhof der Welt (und schlägt damit den früheren Spitzenreiter Galera an der Andenbahn mit 4781 m) und erreicht bei 5072 m ihren höchsten Punkt.
So können viele Chinesen also japsend zur Unterstützung des chinesischen Demokratieverständnisses nach Lhasa gekarrt werden um dort beispielsweise Läden für andere hingekarrte Chinesen zu eröffnen, deren Produkte sich kein Tibeter leisten kann.

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