WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Mittwoch, 24. Oktober 2007

Die Schulen der Nation

"In die Schule zurück" - das wäre für mich immer einer der Alpträume schlechthin gewesen: noch Jahre nach dem Abitur bin ich nach schrecklichen Angstträumen erwacht, in denen mir jemand einen Suppentopf voller x, y, Wurzeln, Pfeile, delta thetas und anderem vorgesetzt und mich etwa gefragt hat, welchen Abstand "diese Ebene" (??? häää? was sagt der Ägypter??) vom Kreis ("hääääää? welchem Kreis??") habe.
Zum Glück wollte ich nur in den Gymnasien ein kleines Zettelchen aufhängen, weshalb das erwartete Grauen bzw. die Freude auf völlig Neues nicht zu tief reinging.
Sieht man Schulen mal unter dem Serviceaspekt, hat sich in 30 Jahren offenbar nicht viel geändert. In Schulen hat man sich auszukennen, weil es nur 3 Sorten von Menschen gibt: Lehrer, Schüler, Eltern. Punkt. Deshalb braucht sich um Ausserirdische auch niemand zu bekümmern, die gibts eh nicht und wenn, dann können sie schon Raumschiffe bauen, brauchen also nicht mehr in die Schule zu gehen.
Im Ohm steht man also nach dem Eingang in einem Treppenhaus, ungeordnet, unstrukturiert, ohne Plan oder was daran erinnern könnte, kein Bemühen um Begehren von Besuchern oder gar die Ästhetik des Inneren.Man muß halt mal loswandern im Haus, ziellos, in der Hoffnung, irgendwo auf eine Markierung des hauseigenen Alpenvereins zu stoßen. Diese taucht auf in lebender Gestalt eines Menschen, der zweifelsfrei einer der 3 existierenden Seinsformen zuzuordnen ist: "Lehrer". Er ist freundlich, lotst mich undogmatisch durchs Lehrerzimmer und verweist auf die Sekretariatstür, wo ich mein Anliegen schnell loswerden kann.
Wehe, ich hätte den Herrn nicht gefunden...wie umgehe ich ein Lehrerzimmer?-zumal wenn ich nicht einmal weiß, dass sich das Sekretariat auf dessen anderer Seite befindet? Vermutlich muss diese Schule wie die Hose als solche mehrere Eingänge haben und nur passen, wenn man den richtigen benutzt.
Solche Probleme hat man im CEG gar nicht erst: neben einem Stück Keramikkunst findet man eine Klingel, die verheisst, dass hier ein Herr oder Frau Gymnasium wohnt, die Tür ist zu, es schellt bei Knopfdrücken nachdrücklich. Die Tür bleibt (Mittwochs, 14 Uhr) geschlossen.Vermutlich darf man den Deutsch-Leistungskurs bei der Kafka-Lektüre nicht stören.
Die Internetseite gibt sich auch ehr pessimistisch-graubeige, die einzige Farblichkeit verheisst "zum bestellen des Mittagessens hier clicken".
Ein weiterer Besuch-diesmal zu den üblichen Schulzeiten(11 Uhr)-zeigt, dass die vermeintliche Zutrittsverweigerung nur meiner übergroßen Vorsicht/Höflichkeit zu verdanken war: 2 Schülerinnen zeigen mir, dass man sich vom Türgriff ohne Klinke nicht abhalten lassen, vielmehr einfach heftig an der Tür ziehen muss.
Im Inneren wartet ein mit diverser Schülerkunst aufgepeppter Raum, der nur mühsam die überfällige Grundrenovierung verdecken kann, aber immerhin ein freundliches Schild von der Decke baumeln hat, wo es zur Verwaltung ginge. Dieses wird kundenfreundlich im 1.Stock nochmals wiederholt. Am Zielort angekommen, darf man sich erneut vom Türknopf Marke "geschlossene Anstalt" nicht abhalten lassen, sondern durch Klopfen forsch Einlass begehren. Die Sekretärin erklärt, man müsse sich dergestalt vor übergroßem Andrang schützen, ansonsten käme man bisweilen nicht mehr zum arbeiten.
Im Hof des MTG finde ich 2 Schüler, die mir nett Aukunft geben, wo es hinein gehen könnte-von selbst gäbe es da einige Alternativen abzumarschieren. Auch hier stoße ich nach einer kleinen Wanderung durch den üblichen Schulmief auf ein Exemplar "Wesen I [Lehrer] vor PC", dem ich nicht nur mein Anliegen mitteilen darf, sondern der sich auch laut lachend über meine Kurzerwägungen zum Thema "wie geht man mit Besuchern um" mit mir zu einem Hinweisschild begibt und gut gelaunt und ironisch-selbstkritisch konzediert, es gebe zwar ein Schild (sogar ein modern ausschauendes), man könne es aber 1.) eigentlich nicht finden und 2.) sei es zudem nicht beleuchtet.
Aber dennoch: ich werde mein Anliegen los. Man braucht eben Geduld im Leben.
Das Friedericianum-wegen seines honorigen Alters unter anderem-ist ja immer als etwas elitär in den Nasenhaaren verortet. Jedenfalls glänzt es am Eingang schon mit einem behindertengerechten Zugang. Hocherfreut fällt der 2.Blick bereits auf eine Art Empfang - am Eingang gleich rechts- was auf ganz besondere Besucherfreundlichkeit schließen lassen könnte. Könnte....Hinter einer Panzerglasscheibe ( bitte, Friederizianum: welcher Schüler will denn ausgerechnet den Hausmeister erschiessen bzw.die Empfangsconcierge?-da sind doch sicher ehr andere im Fiesier....?)finden sich leider keine willigen Auskunftspersonen, sondern Attribute des ewig gleichen Verwaltungsunwesens: Gummibaum, Neonbeleuchtung. Dazu abgelegte Ohrringe, ein verstaubter und verschrammter auberginefarbener Wecker und ein PC. In der anschliessenden Halle kein Hinweis auf Nix - wieder müssen freundliche Schüler helfen: den Gang bis Ende, dann rechts in den 1.Stock, dort Sekretariat. Immerhin findet sich dort ein Hinweis auf die Erlanger "first class": die Schule hat eine Partnerschaft mit der Kanzlei Bissel, aber hallo! Diese Ehe berechtigt unter anderem dazu, dass Elternbeirat, Schüler, Lehrer den "Partner" (= die Kanzlei Bissel) jederzeit besuchen dürfen. Hmmm. Da wir ja freie Anwaltswahl haben, fehlt mir da ein bißchen die aussergewöhnliche Leistung des "Partners" in diesem vertragsähnlichen Etwas.
Das endlich gefundene Sekretariat ist offen, aber verwaist - mei, waren die ganzen Personalakten interessant!
Jedenfalls werde ich nach Intervention eines zufällig vorbeigekommenen "Wesen I"-Exemplars (Lehrerin) freundlich bedient.
Irgendwie kommt immer zufällig eine dea ex machina - aber eine organisatorische Absicht will mir dahinter nicht zu erkennen sein.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Danke sehr. Der Artikel ist recht interessant und wird gut umschrieben. Sehr informativer blog.