WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Donnerstag, 11. Oktober 2012

Alles legal bei Wulffs



 http://www.lanazione.it/livorno/cronaca/2012/02/17/669382/images/1123882-chioma.JPG

 (Bild: La Nazione, 17.02.12)

Unser Herr Wulff . . .
als hätte das umfangreiche Sammelsurium seiner Stillosigkeiten und Balanceakte am Rande des Strafrechts nicht schon bisher für gleich mehrere Politiker ausgereicht.
Nun hatte die Staatsanwaltschaft Hannover  einen weiteren Fall in der Mache gehabt und ganz im Sinne des Kandidaten einer stillen Beerdigung zugeführt:
Als Wulff noch Ministerpräsident war, stand im Bundesrat eine Abstimmung über Versicherungs – oder steuerrechtliche Fragen an, deren Ergebnis auch Auswirkungen auf die Hannover Rück gehabt hätte.
Der niedersächsische Landtag sprach sich gegen die fragliche Änderung aus.
Der Vorstand der Talanx – Versicherung (drittgrößter deutscher und elftgrößter europäischer Versicherer,entnehme ich "la Nazione"), einer Tochter der Hannover Rück – bat daraufhin brieflich den geschätzten Herrn Ministerpräsidenten, das doch anders zu sehen. Das Land Niedersachsen stimmte dann im Bundesrat nicht im Sinne der Abstimmung des Landtages, sondern im Sinne der Talanx Versicherungsgruppe.
Nun hatte der Aufsichtsratsvorsitzende der Talanx zum Glück ein kleines Häuschen in  der Gegend von Livorno.Genauer-so schreibt Elisabetta Tengi in "La Nazione" von 17.02.2012 in Chioma, via Aurelia 1143,  Nicht weiter als 500 m vom Meer weg, wenn Frau Tengi recht hat.
Jedenfalls: der Herr Vorstandsvorsitzende wusste, was er Mr. President schuldig war: dieser durfte seine Hochzeitsreise in dessen spartanischem ein-Zimmer-Appartment(s.Bild oben) machen, umsorgt vom anwesenden Personal des Herrn Baumgartl.
Selbst "La Nazione" vom 17.02.2012 ( "...soggiorno a Castiglioncello al centro dello scandalo" lautet die Überschrift) und die Regionalzeitung "il Tirreno" vom 21.12 2011 widmet dem ein längeres Geschichtchen und spricht von Wulffs "relazioni troppo amichevoli con i potentati economici"
Dazu sagt nun die wegen der Straftat im Amt „Vorteilsannahme“ ermittelnde Staatsanwaltschaft Hannover (!!): in Gestalt der „kurz zuvor stattgefundenen Hochzeit“ habe „ein plausibler privater Einladungsanlass“ bestanden (Süddeutsche Zeitung, 10.10.2012, S.5)
Motto also: „da stellen wir uns mal ganz dumm“. 
Bis 1997 bedurfte es zwischen dem netten Bestechungsgeschenk und der Diensthandlung einer besonderen „Unrechtsvereinbarung“, damit das Ganze als Vorteilsannahme (§ 331 StGB) eingestuft werden konnte. Diese Regelung wurde fallen gelassen, weil sie

„breite Lücken der Straflosigkeit korruptiven Verhaltens [eröffnete], die zunehmend als kriminalpolitisch unerträglich angesehen wurden“

(Tröndle/Fischer StGB, 50.Aufl., RNr 12 zu § 331 StGB)

Klar: wer sich –wie Wulff oder die Hannoversche Staatsanwaltschft – als besonders dreist, dumm, politisch unsensibel oder rechtsblind präsentierte, konnte damit den Kopf aus der Schlinge ziehen.
Die Vorschrift sollte also weiter gefasst werden. Nun werden auch solche (hohen) Zuwendungen eingeschlossen, die „einer bestimmten Diensthandlung nicht hinreichend konkret zugeordnet werden können (Sicherung der allgemeinen `Geneigtheit`)“ (a.a.O, RNR.23 mit Verweisen auf ältere Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs im gleichen Sinne).
Ich denke, hier hätte auch ein Nicht-Jurist ohne weiteres feststellen können, dass auch nach der alten, engeren Gesetzesfassung hier eine reichlich eindeutige Relation zwischen dem Verflüssigungswunsch der Versicherung und dem Abstimmungsverhalten des Landes Niedersachsen vorzuliegen „scheint“.
Ein Schuft, wer –wie ich – die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft (§ 146 GVG) für ein ausgesprochenes Übel hält: Wer in Bayern als Jurist noch etwas werden will, wird sich der Idee seines Dienstvorgesetzten, die Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten des Landes „wohlwollend“ zu führen, kaum widersetzen wollen.
Die Justiz ist an Gesetz und Recht ohnehin von Verfassungs wegen gebunden (Art. 20 II GG) und braucht daher keine Weisungen – ausser der des Gesetzes.

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