WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

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Freitag, 16. November 2012

Der alte Groebe

Ich musss doch mal was über den alten Groebe sagen. Er hat mir doch einiges vererbt, was niemanden wundern muss. Ich vermute, dass meine spitze Zunge, mein schnelles Hirn, ein extremes Gerechtigkeitsempfinden und der nur schwer zu erschütternde Sinn für Humor in allen Situationen von ihm kommt.


Er hat mich auch noch im hohen Alter mit wunderbar kindsköpfigen Initiativen überraschen können.

Bei den Unterlagen, die es nach seinem Tod am 16.01.2001 zu sichten gab, habe ich auch etwas von ihm Geschriebenes gefunden: uns als Trauerpost übersandt von „Lehnchen“, einer alten Freundin, Juristin wie er auch, mit coolem Blick auf die Welt und nicht leicht mit der Unwahrheit zu bedienen, sie hätte den Finger in die Wunde gelegt.

Da hatten also am 3.November 1976 gelangweilte Angestellte in einer öden Versammlung der HUK-Coburg (bei der beide in verschiedenen Rollen zuletzt aktiv gewesen sind)gesessen und eine Rede anhören müssen. Womöglich zu meines Vaters (er war damals 64)Lieblingsthema, den sinnlosen Hervorbringungen der „Orga-Abteilung“. Und der alte G. war gelangweilt und entwarf halt mal einen „Kondolenzbrief für alle Zwecke“.

Er hatte als damaliger Landrat immer mit besonderer Freude die Anwesenheitswünsche von Obst-und Gartenbauvereinen, Kaninchenzüchtern und ähnlichen für Volk und Staat immens wichtigen Institutionen verfolgt und mit bedächtigem Raunen deren Betriebszwecke gewürdigt.

So sah das dann (gekürzt) aus:



„Sehr geehrte Frau Pustekuchen,

mit großer Bestürzung habe ich heute früh in der Zeitung gelesen, dass Ihr Gemahl, mein stets verehrter Freund und Schützenbruder Gerhard Pustekuchen uns plötzlich verlassen hat. Noch am (…) war ich mit ihm bei einem fröhlichen . . .[Schützen-?]abend zusammen und wer konnte ahnen, dass dies das letzte Mal auf Erden gewesen sein sollte!

[. . . ]

Wer einmal erlebt hat, wie unser Freund Gerhard in vorgerückter Stunde sich plötzlich erhob und auf [. . .das Ziegenzüchterwesen und seine ewigen Werte. . .bitte einsetzen…] . . . eine launige und inhaltsreiche Rede aus dem Stegreif

//wenn nicht zutreffend: wie unser Freund im vertrauten Kreise von den Idealen des . . . zu sprechen wusste//

der weiß, was wir an ihm verloren haben und welch schmerzliche Lücke sein Heimgang in unsere Reihen reißt.

(Folgt: Variante für Hundebesitzer)

Auch unser Hündchen ASSI, Stammvater?/mutter? unzähliger tüchtiger Hundegeschlechter der Bundesrepublik Deutschland, bekundete durch klägliches Bellen den Schmerz über Ihres Gatten Tod.

(Sein wohl neben ihm sitzender Kollege L., auch HUK-Sachbearbeiter, steuerte Variante II bei:)

Auch unser Hündchen Assi hat seiner Trauer dadurch konkret Ausdruck verliehen, dass es eine aussergewöhnlich große Wurst in verdauter Form produzierte und dabei seinen trauerumflorten Blick in Richtung Erdmittelpunkt wandte.

(es folgt weiteres Trauer-bla bla)

Mit stillen Grüßen



Bestellt: 8 Uhr 01

Geliefert: 8 Uhr 47

Abgeliefert: 13 Uhr 05

Und Lehnchen schrieb dazu: „der liebe „landratende“ Klaus wird mir in lächelnder Erinnerung bleiben – und keiner wird mich mehr „Lehnchen“ nennen.

Ihre Ingrid L.-B.“

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