WILD WIE BILD - GSCHEIT WIE ZEIT

_____________________________________________

Donnerstag, 30. August 2007

Espresso

Der Italiener als solcher tät ja n i e einen "espresso" bestellen. Gen Italien heißt er bekanntlich "Café" mit jenem unnachahmlichen Laut, von dem kein Hobbylinguist weiß, wo genau zwischen "e" und "ä" er nun angesiedelt ist - jedenfalls: wemma bei uns "Café" bestellt, kriegt man halt öden Deutschkaffee und hat die Arschkarte gezogen - man muß halt "typisch deutsch" sein und was "untypisch italienisches " bestellen, wenn man was typisch italienisches haben will - asu is halt amal die Globalisierung.
Also: wer in Erlangen Café, Kaffee, Cafää haben will, hat inzwischen immerhin amal e i n s : die Auswahl.
Früh, wenn senile Bettflüchter wie ich aufstehen, gibt es leider nur rund um den Bahnhof die netten Ketten - viel aufs Brötchen, cafétechnisch ehr vernachlässigbar.
Schön auch der Pickelmann am Bohlenplatz: aber auch d o r t sind die Dekolletes der Studentinnen in der Regel schöner als der Geschmack des Cafés: man kann halt keine deutsche Plastik-Billigmaschine kaufen und hoffen, dass da zufällig auch noch tolerabler Café rauskommt: eine gescheite Cafémaschine hat halt den Preis eines Kleinwagens.
Dennoch sei Pickelmann ein Lob ausgesprochen: im Gegensatz zu den unzähligen anderen Schlafmützen hat P. ab 6 Uhr 30(!!) auf(was ein bezeichnendes Licht auf das bekannte "Argument" der anderen Einzelhandels-Schlafmützen wirft, vor 10 sei eh´niemand unterwegs und man könne daher an jedem Werktag ausschlafen): wenn man um 8 Uhr hinkommt, ist dort ein ziemliches Gewusel: es braucht 5 Angstellte, um den Betrieb zu bewältigen, hier hatte jemand mit der Nähe der Uni und einem genau hierauf zugeschnittenen Angebot wirklich mal Unternehmergeist beweisen: das Angebot an kleinen Snacks ist groß, frisch und lecker. Der Gastraum mit guter Verbindung von neu und alt (freigelegte Sandsteinmauern) - über kleinere Ausrutscher (das innen hängende schmiedeeiserne Auslegerschild, dz dz dz...) sehen wir mal hinweg.
Kommen wir zu den hoffnungsvolleren Kandidaten: leider leiden sie alle an der Spätaufsteher-Krankheit, will sagen : vor 9 lefft nix.
[Werde es im übrigen n i e kapieren, wieso man in Rom in der ödesten Vorstadt um halb 7 früh bestens bedient wird und bei u n s alle Café besitzer in der ganzen Woche ausschlafen müssen!]
Da gibts das Lorleberg am gleichnamigen Platz, idyllisch in der Rundung gelegen und mit schönem Garten (noch nicht à la Teehaus/Friedrichstrasse dem Nepp geopfert) : schön, dass man zum Café ein Haribo-Tierchen kriegt, n o c h schöner wäre es , mehr in die Caféqualität zu investieren: eine Crema hab ich da noch n i e gesehen, der Geschmack ist mäßig.
Nicht enttäuscht wird man im La Barca (Schiffstr.12) : was man dort bekommt (auch in der B r e i t e des Angebotes) liegt w e i t über Erlanger Durchschnitt.
Wegen der in letzter Zeit betriebenen Personalpolitik mit der Brechstange kann man allerdings ab und zu Überraschungen erleben: ein zartes, kleines Etwas an Bedienung hatte nicht nur noch nicht kapiert, dass es erbtechnisch etwa zur Hälfte aus dem L a n d d e s L ä c h e l n s kam, es nahm meine Bestellung ernster, als ich gewollt hatte: gut, ich h a t t e Untertasse und Löffel nicht bestellt, also bekam ich sie auch nicht.
Aber ansonsten: untadelige Ware.
Schöne Atmosphäre gibts bei Königsmann in der weißen Herzstr....ich weiß nicht: ich werde damit wieder allein stehen, m i r schmeckt der espresso irgendwie nicht italienisch...man probiere es aus. Ansonsten gibt man sich-durchaus erfolgreich-viel Mühe und es gibt nette Spezialitäten wie einen Schokoladenkuchen und guten Café zum Mitnehmen-Café Nigeria äh..ToGo, wie er heute heißt).
Gute Ware auch beim Moravia in der Theaterstr (Café kam bisher von Meinl/Österreich - weiß aber nicht, ob das noch aktuell ist) - der espresso ist lecker (und der Putenbrustsalat immer wieder ein Gedicht! Nur wäre es nett, die Putenstückchen g l e i c h kleinzuschneiden: auf einem großen Hafen luftigen Salates muß man den gesamten Salat zusammenquetschen, wenn man die Stücken schneiden will).
Für mich die Krönung ist die Enoteka in der Schiffstr.
[ Übrigens: neben einem denkwürdigen Relikt alter Zeiten: der Kammfabrik Bücking nämlich, wo noch auf den Maschinen des beginnenden Industriezeitalters aus Elfenbein-Altbeständen Klaviertasten, Kämme, Schmuck gemacht werden.
Ein echtes Drama daran: die Maschinen sind nicht auf die Anforderungen der Berufsgenossenschaften änderbar: so kann der Betrieb nicht ausbilden und ist deshalb - wenn nicht ein Ausgebildeter ihn irgendwann übernimmt - zum Aussterben verurteilt]
Da gibts für mich den besten Espresso der Stadt - mit 1 € noch dazu der Billigste, für den Cappucino (1,50 € ) gilt dasselbe.
Daneben gibts nette kleine Schweinereien und last not least Franco, einen netten echten Süditaliener und seinen schrecklichen Hund.
Gespannt darf man sein, wenn so Gott will eines Tages das Café in den Lamm-Lichtspielen aufmacht: wenn da in den Café dieselbe Liebe und Sorgfalt investiert würde wie in die Renovierung des Gebäudes, dürfte uns Positives ins Haus stehen.
Das Glück wollte es, dass ich gestern im La Barca (Schiffstr.12) mit der dunkelhäutigen (da aus Eritrea, wie ich erfuhr. Näheres im Kapitel "Neger".) Bedienung aus den "Eisheiligen" (Kirchenstrasse, am Altstädter Kirchenplatz) ins Gespräch kam, die auf den Espresso im Brasil schwor. Brav bin ich hingetigert und mußte feststellen: mässig; zwar vorhandene, aber zu schwache Crema, Geschmack ging, reißt jetzt aber nicht vom Hoggar (siehe Kapitel "Neger").
Etwas ausser der Reihe (weil nicht für den Suchti ständig offen) verdient p o s i t i v s t e Erwähnung: der Espresso im "O Sole Mio" in der Gebbertstrasse ziemlich am Anfang , Ecke Feldstraße (mit Blick auf die Schuhkarton -Wohnanlagen für zu reiche Siemensler, die nicht unter Klaustrophobie leiden ) - s e h r fein!
(Übers Essen berichtete man mir: sehr gut, liege also weit über dem , was an schreckvollem von den üblichen Erlanger Italienern geboten werde und sei zudem bezahlbar. Wer wie ich einen ZONENSCHADEN hat, solle sich fernhalten: der Herr Italiener hat ne Sächsin als Frau.)
Ich will nen Ka-haau-boy als Mann !
Beim mal pigmentstarken Mitbürger, mal der käshäutigen Squaw bei "Mister Bleck" im Schuhkartonneubaugelände gibts trinkbaren Café - er schmeckt zumindest erträglich, die Crema hält allerdings den zucchero nicht, lässt ihn einfach druchplumpsen - wenigstens muß man sich nicht ärgern, dafür auch noch zu viel Geld bezahlt zu haben(1.70 €). Ach à propos: kleiner Exkurs: habe mal innerhalb von 1 std den billigten und teuersten Espresso meines Lebens genippt: den billigsten auf der wunderschönen Direktverbindung von der Italienrennstrecke [Brenner-Modena] nach Venedig, also von etwa Rovereto links weg Richtung Paso del Pasubio : dort dann am Gipfel für 83 cts. und dann auf dem Markusplatz mit livriertem Kellner für 4,50 €. Markus Platz: er hat seine Praxis mitten in Venedig - der beste Ohrenarzt Italiens, zu dem täglich 100e von Tauben kommen)
Sehr chromglänzend und dieses auch immer frisch poliert gibt sich Illy in den Arcaden: guter Café, die Crema gerne etwas flau mit schon durchscheinendem Cafe, gute Latte Matschiado, die wechselnden Bedienungskräfte nicht immer auf der Höhe an Aufmerksamkeit.
Nicht zuletzt ambientetechnisch eine Freude: Schwarz Stark an der Kreuzung Gebbert-/Henkestrasse (Henkestr.91), gegenüber von Aldi. Für den notorischen Autofahrer bietet der Aldi gut Platz. Neben den schön von Papyri luftig eingerahmten Sonnensitzplätzen stehen die 3 Holzfiguren und wundern sich stumm über die, die n i c h t mitm Ratt fahren. Im Inneren herrscht gestylte Großzügigkeit, von Ledersessel bis Normalsitz, aber alles erfreulich geschmackvoll. Der Café kann sich sehr gut sehen lassen, die Bedienungen sind flott und und haben vor allem auch eine Ahnung von dem was sie tun: man hat ja schon mancherorts einen weit geöffneten Mund gesehen, wenn man einen café doppio bestellt hat. Und e i n s ist natürlich g a n z b e s o n d e r s: wenn man der Internetseite glauben darf (http://www.schwarzstark.de/) ist der Café auch frei von ZICHORIE und sonstigen Beigaben aus der untergegangenen Welt der armen Leute...
Wer Menschen mit Businesskleidung mag, ist bestens aufgehoben-Dependancen eines größeren Elektrokonzerns sind ja nicht sehr weit weg.
Mit mehr Zeit ausgestattet sollte man sich die im Inneren gelegene Galerie gönnen: sie hat oft sehr gute Photos, von Erlanger-, aber auch auswärtigen Künstlern.
Nicht ganz klar ist mir, warum in einigen Schuppen offenbar höchster Wert darauf gelegt wird, den Cappucino mit einem Schaumgebirge zu versehen - da will man einerseits ganz italienisch sein, macht aber dann so einen Unsinn (kein Italiener käme auf die Idee, Matterhorn und Cappucino lässig zu verquicken) mit der Folge, dass man Gott weiß was für Rührmonströsitäten veranstalten kann, um den Zucker in den Café zu bringen. Aber es sei halt so schön-sagen die Damen. Ja, gut -die Berge sind auch schön, aber das ist doch irgendwie eine andere Baustelle.
Dies korrespondiert vielleicht mit der anderen einschlägigen Unsitte (mit der man als furchtsame Bedienung gut zeigen kann, dass man brav seine verdammten LISTEN abgearbeitet hat), dass man nämlich die Zuckerstreuer randvoll macht - mit der Folge, dass man ihn erst dezent umdreht und erst mal nix kommt...man dann heftiger schüttelt und sich dann 35 Gramm feinsten deutschen hoch-rieselfähigen Zuckers in die Tasse ergiessen und man sich dann der alten Streitfrage widmen darf, ob der Café vom Zucker oder vom Umrühren süß wird.
Also: Mädels/Jungs [s c h e i s s e m a n z i p a t i o n !], habt MUT - lasst oben 3 cm frei .

1 Kommentar:

zonebattler hat gesagt…

Danke für die ausführlich begründeten Empfehlungen und Abratungen! War schon seit Jahren nimmer in Erlangen, aber manches scheint sich dort nicht zu ändern... Übrigens kann man guten Espresso auch mit vertretbarem Aufwand daheim zubereiten !